Liebe
Cannstatterinnen und Cannstatter,
Stuttgarterinnen und Stuttgarter,
Besucherinnen und Besucher
Bad Cannstatts und dieses Angebots:
Seit zwei Tagen (Stand: 15. März
2020) ist auch das Stadtmuseum
Bad Cannstatt, Teil der Museumsfamilie
des StadtPalais Stuttgart, für
Besucher und öffentliche und
gebuchte Führungen bis auf
Weiteres aufgrund der Entwicklungen
in Sachen Corona-Virus leider geschlossen.
Wir alle wollen
gemeinsam versuchen das Ansteigen
der Ansteckungszahlen zu verlangsamen,
um die Situation besser in den
Griff bekommen zu können.
Auf private Initiative hin biete
ich fortan täglich einen
kleinen, 5-15-minütigen
Beitrag über ein Bad Cannstatter
Geschichts- und Kulturthema an.
Die Filme werden immer so gegen
9 Uhr vormittags hochgeladen
und behandeln aktuelle, aber
eben wegen Corona derzeit leider
nicht besuchbare Sonderausstellungen
(etwa im Stadtmuseum Bad Cannstatt
in der Klösterle-Scheuer
oder in der Galerie Wiedmann
am Jakobsbrunnen), oder ich gehe
für Sie, für Euch durch
die Stadt, und erzähle mal
hier, mal da, die mir bekannten
Geschichten, immer (hoffe ich)
informativ und auch (verspreche
ich) unterhaltsam. Es erwarten
Sie/Euch bestimmt auch (leicht)
verwackelte (nicht professionelle)
Bilder, falls mich die "historische
Erregung" mal wieder überkommt,
aber stets interessante Einblicke
in die reiche und überaus
vielfältige Geschichte unserer "Stadt
in der Stadt", der Sauerwasser-
und Daimler- und ehemaligen Kurstadt-
und überaus vielseitigen
Industriestadt, unserer Weinstadt
und Eisenbahn- und sonstige Mobilitätsstadt,
unserer Schlösser-, Wasen-
und Wilhelma-Stadt Stuttgart-Bad
Cannstatt. Lassen Sie sich überraschen
und: Bewahren Sie Ruhe und Freundlichkeit
in dieser schwierigen Situation.
Noch ein Wort zu
meiner Person: Olaf Schulze,
geboren 1965 in Pforzheim, nach
dem Abi 1985 (Hilda-Gymnasium)
Studium Geschichte, Germanistik
und Kunstgeschichte an der Uni
Stuttgart, seit der Studienzeit
frei- und nebenberuflich tätig
in Pforzheim und (seit 2005)
auch in meiner Wahlheimat als
Historiker (und Trauerredner).
Seitdem ich 15 Jahre alt bin
mache ich Ausstellungen, seit
meinem 17. Lebensjahr Führungen,
dazu entstanden Aufsätze,
Bücher, Vorträge. Seit
einigen Jahren auch Führungen
im Kostüm (z. B. als "Johannes
Reuchlin" in Pforzheim). Ich
engagiere mich ehrenamtlich (u.a.)
in Bad Cannstatt im Verein Pro
Alt-Cannstatt e.V. (seit einigen
Jahren als Vorstand in Nachfolge
unseres Ehrenvorsitzenden Hans
Betsch), in der Vereinigung Cannstatter
Vereine e.V. (VCV) als ein stellvertretender
Vorstand, und seit Neuestem im
Beirat des Gartenbauvereins Bad
Cannstatt e.V. von 1871. Bleiben
Sie gesund, und - wenn es Sie
erwischt - bleiben Sie gefasst
und mutig und mögen Sie
heil durch die Krankheit kommen.
Dies wünscht Ihr/Euer Olaf
Schulze,
Stuttgart-Bad
Cannstatt, 15. März 2020, 11:24
Uhr
Heute: Aktuelle Sonderausstellung
im Stadtmuseum Bad Cannstatt: "Den
Römern auf der Spur - 125
Archäologie in Cannstatt" (noch
bis 17. Mai 2020); Beitrag als "Ersatz" für
die heute ausgefallene Führung
mit "Dr. Ernst Kapff" (Olaf
Schulze), dem Entdecker des Römerkastells
1894 und Lehrer Hermann Hesses
am Cannstatter Gymnasium, durch
die Sonderausstellung. Vgl. auch
den Beitrag morgen, über
Hesses Besuch bei Kapff in der
damals existierenden archäologischen
Schauanlage auf dem Hallschlag
1896.
Dies ist der Schluss von Folge 1).
Hier erkläre ich, warum ich diese
Aktion gestartet habe. Mir ist es wichtig,
dass wir alle in diesen Zeiten, in
denen wir zunehmend auf uns selbst
zurückgeworfen werden und in denen
unsere Sozialkontakte aus guten Gründen
auf ein notwendiges Minimum reduziert
werden, nicht vergessen, dass wir Menschen
sind, die Ansprache und Impulse zum
mentalen Überleben brauchen. Sollte
man sich irgendwann vielleicht sogar
gar nicht mehr "draußen" bewegen
dürfen, kann ich noch eine Weile
virtuell von zuhause aus durchhalten,
um die täglichen Folgen zu machen.
Ich grüße Sie/Euch alle
herzlich. Haltet durch und bleib mitmenschlich
zueinander. In der Begegnung und auch
in der Frage, wieviel nehme ich mit
beim Einkauf. Kommen Sie alle gut durch
diese Tage. Und wenn es Sie trifft,
mögen Sie nicht verzweifeln, sondern
alles tun, was man tun kann, um sich
zu stärken. Die Menschheit hat,
das weiß ein Historiker wie ich,
immer mit epidemischen Krankheiten
zu kämpfen gehabt. Bis heute haben
wir in der Summe überlebt (so
die Pest im Mittelalter bis in die
Frühe Neuzeit, die Cholera im
19. Jahrhundert, die Spanische Grippe
vor hundert Jahren...), und ich bin
mir sicher, dass das jetzt auch nicht
die Endzeit ist, wenn wir nicht international
den Kopf verlieren. Diese Endzeiten
wurden so oft angekündigt und "verschoben".
Behalten Sie Mut und bleiben Sie realistisch.
Bewältigen wir gemeinsam diese
kritische Phase.
Olaf Schulze, Historiker und Trauerredner
www.pforzheims-geschichte-sehen-lernen.de
www.cannstatts-geschichte-sehen-lernen.de
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
Freunde und Freundinnen Bad Cannstatts
und Entdeckerinnen und Entdecker
dieses Youtube-Blogs...
Die heutige zweite Folge ist quasi
die Fortsetzung der gestrigen. Heute
geht es um den Besuch des jungen Hermann
Hesses, damals Buchhändlerlehrling
in der Universitätsstadt Tübingen,
bei seinem ehemaligen Gymnasiallehrer
Dr. Ernst Kapff im August 1896. Kapff
zeigte Hesse "sein Römerkastell" in
Cannstatt auf dem Hallschlag (dort,
wo seit 1910 die Dragonerkaserne steht),
eine archäologische Schauanlage,
betrieben vom Cannstatter Altertumsverein
- der in gewisser Weise ein Vorgänger
des Vereins Pro Alt-Cannstatt ist,
dem ich seit einigen Jahren vorstehe.
Die Anlage bestand leider nur bis etwa
1906/1907 und verschwand dann mit dem
Neubau der Kaserne, obwohl es in Cannstatt,
das seit 1905 schon mit Stuttgart vereinigt
war, Stimmen gab, einen Teil der Anlage
zu erhalten... was mit ein wenig gutem
Willen seitens der verantwortlichen
Minister des Königreichs Württemberg
durch Verschiebung des Baufeldes um
etwa 15 m noch Osten leicht erreicht
worden wäre. Damals hat Cannstatt
eine Chance verpasst. Was erwartet
Sie morgen auf diesem Kanal? Mal sehen,
was mir einfällt. Sie dürfen
gespannt sein.
Die lange Stuttgarter Museumsnacht,
in der am Samstag, den 21. März
2020 neben dem Stadtmuseum Bad Cannstatt
unter anderem auch die Cannstatter
Galerie Wiedmann (am Jakobsbrunnen)
und viele andere Kultureinrichtungen
in ganz Stuttgart mitgemacht hätten,
ist seit letzter Woche abgesagt. Für
den Samstag Abend war in der Galerie
Wiedmann eine Ausstellungseröffnung
des renommierten Bildhauers, Skulpteurs "OSWALD",
der 1958 in Worms geboren wurde und
seit einigen Jahren in der Schweiz
lebt. OSWALD ist trotzdem nach Bad
Cannstatt gekommen und baut derzeit
seine Ausstellung "TÄNZER / DIVA
/ BETTLER" in den Räumen der Galerie
und des Künstlerhauses von Willy
Wiedmann auf. Im zweiten Teil des Films
sehen Sie ein Interview, das ich mit
dem Künstler und der Leiterin
der Galerie Dorothee Schwertzel-Thoma
aus aktuellem Anlass geführt habe.
So ähnlich hätte ich den
Künstler auch am Samstag Abend
zur Vernissage befragt. Sie liebe Cannstatterinnen
und Cannstatter, StuttgarterInnen und
FreundInnen der Galerie (und natürlich
auch alle anderen Interessierten) verpassen
so wenigstens nicht Alles, nach dem
Motto "Virtuell ist besser als eventuell
gar nicht". Die Eröffnung soll
nachgeholt werden. Weiteres erfahren
Sie über die Homepage der Galerie
Wiedmann.
Bitte beachten Sie auch den zweiten
Teil, den ich demnächst hochladen
werde. Haben Sie alle - trotz Allem
- möglichst gute Tage. Bleiben
Sie mir und meinem Projekt gewogen
und machen Sie Freunde darauf aufmerksam,
falls es Ihnen gefallen hat.
Vielen Dank. Ihr/Euer Olaf Schulze
Der zweite Teil des
Videos zeigt das Interview mit dem
Künstler
(Karlheinz "Kalle") OSWALD in den Räumen
der Galerie Wiedmann in seiner aktuellen
Ausstellung "TÄNZER / DIVA / BETTLER" mit
Skulpturen, die er in den letzten Jahren
und Monaten in Hinblick auf die Präsentation
geschaffen hat. Auch die Leiterin der
Galerie, die Künstlerin Dorothee
Schwertzel-Thoma, die den ersten Teil
gefilmt hat, kommt gegen Ende des Videos
zu Wort und äußert ihre
Gedanken zu ihrem persönlichen
Lieblingsstück ("Soraya" Bronze,
2018, Höhe 60 cm), die, so der
Künstler, alles sein könnte:
Tänzerin... Diva oder auch Bettlerin.
Die reguläre Ausstellungsdauer
war vom 21. März 2020 bis zum
9. Mai 2020. In Zeiten des Corona-Virus
ist die Galerie bis auf Weiteres für
den Besucherverkehr geschlossen. Die
neuesten Entwicklungen entnehmen Sie
bitte der Homepage der Galerie: www.galeriewiedmann.de
Haben Sie, trotz Allem, gute Tage...
Es grüßt Sie herzlich Olaf
Schulze, Historiker (& Trauerredner)
Dieses
Mal führt der virtuelle Ausflug in
die Unteren Kursaalanlagen von Bad
Cannstatt, von den Cannstattern auch
knapp "Kursaal" genannt, und zwar zu
einer Figurengruppe, die 1914, kurz
vor dem Ersten Weltkrieg aufgestellt
wurde. Gestiftet vom Bürgerverein
der Schmidener Vorstadt (erst in den
20er Jahren fusionierten alle Cannstatter
Bürgervereine), ist es eine von
ursprünglich vier Gruppen mit
Putten, die die "Vier Jahreszeiten" darstellten.
Nur der "Herbst", zwei Putten, die
mit Mühe einen dritten stützen,
welcher eine große Weintraube
hält, hat die Zeitläufte,
sprich die Zerstörungen des Zweiten
Weltkriegs, überstanden. Der ursprüngliche
Aufstellungsort war beim heutigen Kinderspiel-
und Bolzplatz vor der Daimlerstraße
in der Nähe des Cannstatter Gymnasiums
(Kepler-Gymnasium). Der Künstler
ist der aus Cannstatt gebürtige
und aus der Marktstraße stammende
Emil Kiemlen (1869-1956; vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Ki...),
der auch den "Juno-Brunnen" (1910)
und das "Daimler-Denkmal" bei der
Gedächtnisstätte (1902) gestaltet
hat. Ich grüße Sie herzlich...
bis zum nächsten "Upload".
Olaf Schulze (1. Vorstand von Pro Alt-Cannstatt
e.V.)
"CANNSTATT TIERISCH"_1 Eine kleine
Unterreihe meines Cannstatt-Vloggs
soll "Cannstatt tierisch" gewidmet
sein. Also, Darstellungen von Tieren
an Hauswänden, auf Denkmälern,
Brunnen... oder Ähnlichem. Da
wird Einiges zusammenkommen. Lassen
Sie sich überraschen... und behalten
Sie die Ruhe in diesen schwierigen
Zeiten. Ihr Olaf Schulze Die erste
Folge beginnt mit einer Eule an der
heutigen Jahn-Realschule, die uns einen
guten Eindruck eines Schulbaus gibt,
der um 1870 modern war. Der Ziegelbau
(in Cannstatt gab es bis weit ins 20.
Jahrhundert viele Ziegeleien, schon
die Römer nutzten den Ton zum
Brennen von Gebrauchskeramik) hat große
Fenster, breite Flure, hohe Räume...
das war damals ein immenser Fortschritt.
Gebaut wurde das Gebäude als Realschule
Die Grundsteinlegung war am 10. August
1865 als "Real- und gewerbliche Fortbildungsschule",
knapp ein Jahr später, am 26.
Juli 1866, wurde es feierlich eingeweiht.
Erster Rektor war Carl Daiber, ein
vielseitig engagierter Mann (u.a. im
Vorstand des Cannstatter Gewerbevereins),
der u.a. auch eine Stadtgeschichte
verfasste, die er leider nicht vollenden
konnte. Er starb am 8. August 1881
im Alter von 65 Jahren. Freunde und
Schüler stifteten ihm sein Grabdenkmal
auf dem Uffkirchhof (erhalten). Die
Realschule ergänzte das Cannstatter
Lyceum (Gymnasium) und wurde vor allem
von Fabrikanten- und Handwerkersöhnen
besucht, deren Eltern nicht auf die
klassische Bildung mit den alten Sprachen,
sondern auf die Realienkunde setzten
(Naturwissenschaften, Technik, kaufmännisches
Rechnen etc.). Später wurde daraus
das Gottlieb-Daimler-Gymnasium, u.a.
war Joschka Fischer hier eine kurze
Zeit Schüler, aber auch viele
bedeutende Ingenieure, wie die Flugzeugpioniere
und -Techniker Hirth und Heinkel.
Das Interview mit der Kulturredakteurin
der "Cannstatter Zeitung", Iris Frey,
behandelt die Initiative "Kulturnetz" in
Stuttgart-Bad Cannstatt, die für
Mitte Mai 2020 das "17. Schaufenster
Kultur" angedacht hatte. Aufgenommen
wurde das Interview am 19. März
2020 im Stadtmuseum Bad Cannstatt,
einer der geplanten Stationen des Rundgangs,
der - wie immer - Geschäfte, Kultureinrichtungen
und Kulturschaffende verbunden hätte.
Das "17. Schaufenster Kultur" wird
nachgeholt, wenn entsprechende Versammlungen
wieder möglich sind. Auch Iris
Frey verbringt derzeit einen Teil ihrer
Arbeitszeit im "Home-Office".
Der heutige Film führt uns an
den Thaddäus-Troll-Platz bei der
Wilhelmsbrücke am Ende der Marktstraße
und am Rande der Altstadt Bad Cannstatts.
Hier steht die Figur "Der Entaklemmer",
eine Bronze der Cannstatter Künstlerin
Elke Krämer, die an den Schriftsteller
Thaddäus Troll erinnert. Dr. Hans
Bayer, so sein richtiger Name, wurde
1914 am anderen Ende der Marktstraße
(wo sich heute auch zwei Gedenktafeln,
eine im Boden und eine an der Wand
der Galeria Kaufhof befinden) als Sohn
und Enkel eines Seifensieders geboren.
Sein Bruder führte den Betrieb
noch bis in die 1960er Jahre weiter,
schließlich wurde das Gebäude
für den Bau eines Kaufhauses (heute,
wie gesagt, Galeria Kaufhof) abgerissen.
Im Sommer 1980, also vor vierzig Jahren,
nahm sich der vor allem durch das Buch "Deutschland
deine Schwaben" (EA 1967) überaus
erfolgreiche Schriftsteller aufgrund
von schweren Depressionen das Leben.
Auf Initiative von Eberhard Wagner,
Buchhändler aus der Cannstatter
Marktstraße, und dem Verein Pro
Alt-Cannstatt e.V. wurde die markante
Figur von Elke Krämer 1989 geschaffen
und schließlich aufgestellt.
Sie zeigt einen Mann mit drei Enten.
Eine, die sich sichtlich aus dieser
Situation befreien will, hat er mit
der rechten Hand auf dem rechten Oberschenkel "geklemmt" und
schaut nun mit seiner Linken nach,
ob "hinten" nicht noch ein fertiges
Ei drinsteckt, das sei im Verkaufspreis
der Ente natürlich nicht inbegriffen.
Der "Entaklemmer" als Verkörperung
des geizigen ("übersparsamen")
Schwaben also, "päääb"!
Als Thaddäus Trolls "Entaklemmer" am
Stuttgarter Staatstheater aufgeführt
wurde, hagelte es erboste Leserbriefe.
Tenor: Wie könne Troll die schwäbische
Sprache so diskreditieren, sie bestünde
doch schließlich nicht nur aus
Schimpfwörtern und ständiger
Bruddelei und Nörgelei. Was die
Kritikerinnen und Kritiker des Schriftstellers
nicht bedachten, in der Vorlage des
Stücke, dem "Geizigen" (L' Avare)
von Molière, ist es nicht anders.
Die Hauptfigur bruddelt und schimpft
sich durch das Stück... das muss
so sein: "Des g'hört so!" In diesem
Sinne, bewahren Sie sich in diesen
Tagen und Wochen schwäbische Gelassenheit
und ein bisschen Humor.
Ihr Olaf Schulze 1. Vorsitzender von Pro
Alt-Cannstatt e.V. Freiberuflicher Historiker
und Trauerredner
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde Bad Cannstatts,
unserer heutiger kleiner Ausflug -
in der Unterreihe "Cannstatt tierisch" -
führt uns an den Daimlerplatz,
der, als er um 1865 entstand, zunächst
nach dem damaligen württembergischen
König Karlsplatz hieß. Wir
schauen uns ein Wohnhaus, das 1902
für Hofwerkmeister Wilhelm Krauß errichtet
wurde, genauer an. Dieses stattliche
Gebäude zwischen Wiesbadener und
Daimlerstraße (früher Schiller-
und Karlstraße) ist im Ganzen
noch sehr authentisch erhalten, z.B.
auch die alten Fensterstrukturen, die
Dachaufsätze und Zierstücke
(wie eine Wetterfahne mit der Jahreszahl
1902) und die Haustür. Um 1900,
zur Zeit des Jugendstils - auch wenn
die Fassade in vielen Teilen der Neorenaissance
viel näher ist - liebte man die
Darstellung ungewöhnlicher Tiere,
wie Fledermäuse oder Schlangen
oder eben, wie hier, zweier ungewöhnliche
Drachen, die sich auf den Konsolen
der runden Erkertürme befinden.
Nur Siegfried, der Drachentöter,
fehlt.
Unser heutiger kleiner Film, schon
vor ein paar Tagen aufgenommen, leider
ist die Tonqualität nicht so gut,
entstand in der Seilerstraße
im Seilerviertel gleich "hinter" dem
Cannstatter Krankenhaus zum Roten Kreuz.
Hier befand sich seit etwa 1818 das
Hotel Frösner, später Herrmann, "größtes
Haus am Platz", Schriftsteller, Adlige
und Könige stiegen hier (auch)
ab. Zum Hotel gehörte ein großer
Badetrakt mit Wannenbädern und
eigene Quellen (heute ist auf dem Areal
der "Schiffmannbrunnen") und ein großer
parkartiger Garten, in dem u.a. auch
ein eigener Tanzsaal errichtet war.
In den 1880er Jahren wurde das traditionsreiche
Hotel geschlossen (da die fremden Gäste
ausblieben) und zunächst in Wohnungen
umgebaut. Der Garten wurde nach 1905
in Grundstücke aufgeteilt, Straßen
entstanden, und in der Zeit bis 1911/12
fast vollständig bebaut - das
heutige "Seilerviertel". Das Seilerviertel
steht als Sachgesamtheit unter Denkmalschutz
(einige Häuser, die in den 70ern
stärker verändert wurden,
ausgenommen). An zwei Fassaden der
kurzen Seilerstraße finden wir,
sehr gut restauriert, in Sgraffito-Technik,
Fassaden-Bilder... typisch für
eine Form des Jugendstils, liebte man
ungewöhnliche Tierdarstellungen
oder auch Tiere die in Ornamentik übergehen
(und umgekehrt), die sich quasi "verstecken".
Lassen Sie sich überraschen. Mit
freundlichen Grüßen aus
dem Seilerviertel (hier lebe ich auch,
wenn ich in Bad Cannstatt bin) Olaf
Schulze Bleiben Sie mir und meiner
Aktion gewogen... und empfehlen Sie
mich im Familien- und Bekanntenkreis
weiter, falls es Ihnen gefallen hat.
Danke.
Das historisch erste Gebäude
der Wilhelma war und ist das Wilhelma-Theater,
das 1838/1840 errichtet wurde nach
Plänen des Architekten Karl Ludwig
Wilhelm (von) Zanth (1796-1857), und
zwar als Sommer- und Kurtheater für
die leichte Muse. Eröffnet wurde
es am 29. Mai 1840 mit der Ballettpantomime "Der
Zauberschlaf". Der Baukörper orientiert
sich an Pariser Theaterbauten dieser
Zeit. Die Architektur ist eine interessante
Mischung aus Klassizismus und Historismus
und zitiert im Inneren die damals gerade
ins Bewusstsein gerückte farbige
Antike ("Pompejanisch"; vgl. das Thema "Polychromiestreit");
einer der ersten, der die These vertrat,
die Bauten und Skulpturen der griechischen
Antike seien fast ausschließlich
bemalt gewesen, war übrigens der
in Cannstatt geborene Griechenlandforscher,
Maler und Archäologe Jakob Linckh;
1787-1841). Die Fassade zeigt oben
zentral die Bauinschrift, die auf den
Bauherrn König Wilhelm (I.) von
Württemberg verweist, und rechts
und links in zwei Nischen zwei Musen,
rechts die Terpsichore (mit der Lyra)
und links die Thalia (mit der Maske).
Die Figuren wurden vom Bildhauer Theodor
(von) Wagner (1800-1880) geschaffen,
der zuvor bereits vier Musen für
die Fassade des Schlosses Rosenstein
gestalten konnte. Bereits 1847 wurde
das Theater weitestgehend für
die Öffentlichkeit geschlossen,
der Unterhalt erwies sich als zu hoch
(es waren auch wirtschaftlich eher
schwierige Jahre). Um 1900 gründete
sich eine "Wilhelma-Theater-Gesellschaft",
die das Haus bis zum Ersten Weltkrieg
erfolgreich als Operetten-Theater nutzte
und 1903/1909 zwei Treppenhäuser
flankierend an die Fassade setzte.
Nach der Unterbrechung des Ersten Weltkrieges
wurde der Spielbetrieb noch bis 1928
aufrechterhalten, bis die Weltwirtschaftskrise
auch dieses Haus schloss. Nach dem
Zweiten Weltkrieg, als die meisten
Stuttgarter Bühnen zerstört
waren, zogen bis 1948 verschiedene
Truppen das Haus, vor allem für
Schauspiel und Revuen, dann wurde das
Gebäude als Kino genutzt, das
erste Jahr ausschließlich für
die amerikanischen Truppen, ab 1949
bis 1962 als öffentliches Kino.
Dann wurde es aus feuerpolizeilichen
Gründen geschlossen, da die Konstruktion
des Zuschauerraums aus Holz bestand
und besteht (gute Akustikeigenschaften!).
Um 1980, also vor vierzig Jahren (nicht
vor dreißig, wie ich im Film
sage; die Zeit rennt), sollte das optisch
heruntergekommene Gebäude einem
Ausbau der B10 weichen. Da regte sich
bürgerlicher Widerstand, unter
anderem brachte sich auch der junge
Verein Pro Alt-Cannstatt mit einer
Putzaktion ein; ebenso der damalige
Ministerpräsident Lothar Späth;
schließlich wurde der Bau vorbildlich
restauriert, dabei die alte Fassadengestaltung
Zanths ohne die nach 1900 angefügten
Treppenhäuser wieder hergestellt
und seit 1985 dient das Gebäude
der Staatlichen Hochschule für
Musik und darstellende Kunst als Aufführungsort,
wobei die meisten Veranstaltungen öffentlich
zugänglich sind.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde Bad Cannstatts,
unser heutiger Film führt uns
in einen Teilabschnitt der Marktstraße,
dem Herz und Rückgrat der Cannstatter
Altstadt. Diese schlängelt sich
seit Anbeginn der Stadt, von oben betrachtet,
wie ein Fluss durch das Häusermeer.
Und trotz Kriegen, Verwüstungen
und Plünderungen - Cannstatt war
seit der Römerzeit ein wichtiger
Heer- und Handelstraßenknotenpunkt
- hat sich die Marktstraße architektonisch
noch viel ihrer Ursprünglichkeit
bewahrt. Sie ist auch eine der ältesten
Fußgängerzonen in Baden-Württemberg
und machten in den 1970er Jahren durch
das "(Wein- und) Bretzelfest", das
sich in einigen Jahren fast die ganze
Länge der Marktstraße erobert
hatte, die "Hoketsen" im Ländle
populär. Im Film werden u.a. folgende
Gebäude kurz beschrieben. Die "Krone" gegenüber
der Stadtkirche, das Gasthaus "Bären",
dessen Wirtshausschild noch erhalten
ist, das Geburtshaus des Bildhauers
Emil Kiemlen (Ecke Brählesgasse),
das Haus Wunder (Seilermeister), das
Haus Baitinger (Wäschegeschäft;
heute Fielmann), Spielwaren Glaser
(existierte als Spielwarengeschäft
schon vor hundert Jahren) und das "Ratsstüble",
in dem Hermann Hesse im Herbst 1914
bei einem Besuch in Stuttgart-Cannstatt
einkehrte, weil der von ihm favorisierte
Kursaal als Lazarett nicht mehr zugänglich
war. Wir wissen sogar, was Hermann
Hesse gegessen hat, so schrieb er in
einem Brief an einen Freund über
seinen Besuch am 9. Oktober 1914: "Als
ich nach 9 Uhr [einen Freund] im Hotel … abholte,
zog eine Kompanie, die heute ins Feld
abreist, auf den Bahnhof, an jedem
Waffenrock und in jedem Gewehrlauf
Blumen, unter Hochrufen der Passanten.
Wir schlenderten langsam die ganzen
Anlagen hinauf bis Cannstatt … Im
Cannstatter Kursaal, den ich hatte
besuchen wollen, ist Lazarett, auch
der Park geschlossen. Bummel durch
das einfache, zum Teil hübsche
Städtchen, Wiedersehen alter Orte,
behaglich schwäbisches Mittagessen
mit Brotsuppe, Rindfleisch und Karthäuserklößchen
in der Ratsstube … Nachmittag
auf dem Wasen …, exerzierende
Soldaten und nachahmende Buben in Menge,
Felddienstübungen … Tramfahrt
nach Stuttgart, Verwundeter mit Schüssen
in beiden Händen erzählt,
wenn Artillerie über ein Schlachtfeld
fuhr, seien die Menschenköpfe
nur so herumgelegen…" (aus:
Hermann Hesse: Sämtliche Werke.
Band 11: Autobiographische Schriften
I. Frankfurt 2003, S. 389ff.)
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde Bad Cannstatts,
der heutige Film ist wieder aus dem
Stadtmuseum Bad Cannstatt in der Klösterle-Scheuer.
Dort steht seit Dezember 2016, seit
der letzten Umgestaltung der Dauerausstellung,
der "Urban" des Gartenbauvereins Bad
Cannstatt e.V., der 1871 als Güterbesitzerverein
in der alten Oberamtsstadt am Neckar
gegründet wurde und nächstes
Jahr sein 150jähriges Bestehen
feiern kann. Die Figur des Urban, des
Patrons der Weingärtner, stammt
aus dem Jahr 1894 und wurde aus einer
Cannstatter Weinrebe geschnitzt. Seither
ist es in dem Verein Tradition, dass
der Urban mit kleinen Stiftungen aus
Silber, teilweise auch vergoldet, behängt
wird. Zunächst kamen die Stiftungen
direkt an die Figur, nach dem Zweiten
Weltkrieg wurde ein eigenes Gestell
gebaut, das mittlerweile um eine Etage
erhöht wurde, eine weitere Erhöhung
steht bevor. Aktuell kam als letzte
Stiftung durch eine Stuttgarter Gold-
und Silberschmiedin eine Miniatur der
Grabkapelle auf dem Württemberg
(Rotenberg, Uhlbach) an den Urban.
Dafür wurde das Stiftungsbuch
aus der Vitrine genommen und durch
eine Grafikerin um den neuen Eintrag,
verbunden mit einem Spruch und einer
Zeichnung der Miniatur, ergänzt.
Einmal im Jahr wird die Figur zur Hauptversammlung
des Gartenbauvereins, meist im März,
für ein paar Tage aus der besonders
gesicherten Vitrine genommen und kreist
als "Urbansbecher", wie in alter Zeit,
unter einigen zum Trinkspruch aufgerufenen
Gästen. Bereits 1896 hat König
Wilhelm II. im Kursaal bei einer Veranstaltung
aus der Silbernen Butte des Urban getrunken
und einen Trinkspruch auf den Deutschen
Kaiser, damals (ebenfalls ein) Wilhelm
II., ausgerufen. In diesem Jahr,i Anfang
März 2020, zu Corona-Zeiten, war
dies anders. Wie, verrät der (langjährige)
Vorsitzende des Gartenbauvereins Bad
Cannstatt, Wilhelm Bauer, ein "Ur-Cannstatter" in
der x-ten Generation - unter vielen
CannstatterINNEn auch als "der Boskop" bekannt.
Dieses Video, die Tonqualität
ist leider nicht so besonders, führt
uns zum "Holzmarkt", eine Bezeichnung
für einen kleinen Platz "hinter" und "neben" der
Stadtkirche (an der Brunnenstraße,
im Mittelalter "Schmidener Gasse"),
die heute fast vergessen ist. Hier
befand sich der Platz für den
Holzverkauf, u.a. geflößtes
Holz aus dem Schwarzwald. Im 18. Jahrhundert
war das Gasthaus zum Goldenen Löwen
auch das Zunfthaus der Cannstatter
Fischer und Schiffer. Hier befand sich
die Zunftlade, hier wurden die jährlichen
Absprachen vorgenommen, die für
alle Schiffer und Fischer im gesamten
Cannstatter Amt galten, nicht nur für
jene in der Amtsstadt selbst. Das Gebäude
stammt wohl aus der Mitte des 16. Jahrhunderts,
zumindest finden sich Bauteile aus
der Zeit der Renaissance. Gleich daneben
steht das sogenannte "Alte Spital"...
die Nutzung ist möglicherweise
eine Fehldeutung. Gerade arbeitet Peter
Kieferle, der schon ein preisgekröntes
Häuserbuch über die Cannstatter
Neckarvorstadt herausgebracht hat,
an einem solchen über die Altstadt
Bad Cannstatts. Das eigentliche Cannstatter
Spital befand sich vermutlich weiter
stadtauswärts in der Brunnenstraße
in der ehemaligen "Spitalschule" unweit
der Thurn- und Taxis'schen Reichspost.
Beide unter Denkmalschutz stehenden
Gebäude sind leider bei einem
Luftangriff im Zweiten Weltkrieg komplett
zerstört worden. Das Gebäude
neben dem Goldenen Löwen war auf
jeden Fall ein städtisches Lagerhaus,
dafür spricht auch das mächtige
Dach mit viel Speicherplatz. Um 1900
war hier im ersten Stock die jüdische
Schule untergebracht, im Erdgeschoss
wurde damals ein "Volkscafé" eingerichtet.
Aus dieser Zeit stammen auch die großen
Fensterbögen und das Relief mit
der Cannstatter Kanne.
Der heutige kleine Film führt
uns in Bad Cannstatt an die vordere
König-Karl-Straße, zwischen
Kreuznacher- und Martin-Luther-Straße.
Die Straße wurde ab 1864 als
Allee in einer diagonalen Achse zur
Rotunde des Großen Kursaals ausgerichtet
und bekam damals den Namen "Königstraße",
der 1937, wie die meisten Straßennamen
in diesem Viertel auf Grund von Verwechselungsgefahr
in "König-Karl-Straße" umbenannt
wurde. Wir sind im Kurviertel, das
von den Cannstattern damals auch "Pensionopolis" genannt
wurde, weil hier so viele Pensionäre,
Beamte und ehemalige Militärs
aus Stuttgart ihren repräsentativen
Altersruhesitz gewählt hatten.
Die im Film vorgestellten Häuser
entstanden alle um 1870. Am Bestattungshaus
Haas, das hier seit Anfang der 1970er
Jahre seinen Stützpunkt hat, findet
sich eine doppelte Hausnummer. Unter
der 15 erkennt man die alte Häusernummer
334, nur die letzte Ziffer ist teilweise
verdeckt. Im frühen 19. Jahrhundert
hatten die Straßen und Gassen
noch keine Hausnummern im heutigen
Stil, die Häuser wurden quartiersweise
durchnummeriert, und dieses Haus war
also das 334. Haus im "District A".
Im ältesten erhaltenen Cannstatter
Adressbuch von 1855 gab es drei Distrikte,
im Adressbuch von 1866 waren es dann
vier. Das Adressbuch von 1885 ist dann
das erste, das straßenweise fortlaufende
Hausnummern enthält. Wie waren
die Distrikte A-D aufgeteilt? Der Distrikt
A bestand aus der sogenannten "Oberstadt",
das ist die Altstadt im ehemaligen
Mauerring von der Wilhelmsbrücke
aus gesehen links der Marktstraße
mit Stadtkirche und Altem Rathaus;
dazu die "Schmidener Vorstadt" an der äußeren
Brunnenstraße, die sich seit
etwa 1800 entwickelt hatte, zusammen
mit der Wilhelmstraße am ehemaligen
Stadtgraben. Und schließlich
das ganze Kurviertel. Der Distrikt
B bestand aus der "Unterstadt", der
anderen, von der Marktstraße
aus gesehenen westliche Hälfte
der Altstadt mit den Häusern an
der Badstraße, dem anderen ehemaligen
Stadtgraben, und auf der Berger Insel
im Neckar mit dem Leuze-Bad. Der Distrikt
C reichte von der Neckarvorstadt hinauf
bis zum Burgholzhof und der neue Distrikt
D bildete das Bahnhofsviertel mit seinen
Hotels auf der einen und Fabriken auf
der anderen Seite, mit der Fabrikvorstadt
dem Wasen zu, dem Seelberg mit dem "Deckerbuckel" (nach
der Firma Gebr. Decker) und den Häusern
an der Waiblinger Straße. Die
große Kurzeit Cannstatts endete
aber mit dieser Epoche, viele der ausländischen
Gäste blieben künftig weg
oder suchten sich andere Bäderorte
(wie z.B. Wildbad, Baden-Baden...),
in denen es keine (oder zumindest so
gut wie keine) Industrie gab... im
Gegensatz zur Cannstatt, das sich immer
mehr zu einem ausgesprochen vielseitigen
Industriestandort entwickelte. Mitte
der 1880er Jahren waren die meisten
großen Hotels geschlossen und
umgenutzt. Aus dem Hotel Hermann wurden
Wohnungen und nach dem Ersten Weltkrieg
des Krankenhaus zum Roten Kreuz, ins
Hotel Wilhelmsbad zog das Cannstatter
Gymnasium ein. Die großbürgerlichen
Häuser im Kurviertel gehören
der Stilepoche des Historismus an und
zitieren u.a. antike Bildmotive, einige
stammen aus der Gründerzeit, der
Zeit nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen
Krieg 1870/71, der zur Entstehung des
Deutschen Kaiserreichs unter Kaiser
Wilhelm I. und Bismarck, dem "Schmied
des Reiches", führte.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde dieses Bad Cannstatt-Vlogs
zu Corona-Zeiten, Achtung: An
einer Stelle habe ich einen Zahlendreher
bei Sprechen produziert - ich meinte "1895",
sagte aber "1859", als ich das erste
historische Bild an der neuen Erläuterungstafel
am Daimlerturm beschrieb. Also -
das Foto mit dem 1000. Motor der
Daimler-Motorengesellschaft stammt
natürlich aus dem Jahr 1895.
heute mal ein längerer Film,
der uns in den "Oberen Kursaal" führt,
wie alteingesessene Cannstatter sagen,
der Kursaal sind nicht nur die so
bezeichneten Gebäude, sondern
auch die dazugehörigen Parkanlagen,
deren Anfänge bis in die Zeit
um 1800 zurückreichen. Bereits
Mitte des 19. Jahrhunderts war etwa
ein Viertel des heutigen obere Kurparks
auf dem "Sulz(er)rain", wie der
Berghang seit Alters wegen der an
seinem Fuß sprudelnden Quelle
hieß, bereits gärtnerisch
und parkartig für die Kur- und
Tagesgäste gestaltet. Auftraggeber
war damals der 1821 gegründete
Brunnenverein, an dessen 200. Jubiläum
im nächsten Jahr mit Veranstaltungen
und einer Ausstellung im Stadtmuseum
Bad Cannstatt gedacht werden soll.
Mein kleiner Parkspaziergang widmet
sich dem Areal von der Freiligrathbank,
die noch aus dem zweiten Drittel
des 19. Jahrhunderts stammen dürfte,
und in Zusammenhang steht mit dem
im 19. Jahrhundert sehr populären,
auf dem Uffkirchhof bestatteten Dichter
Ferdinand Freiligrath (1810-1876;
von dem u.a. auch ein Gedicht über
die 1848er Revolution in Berlin stammt,
mit der Zeile "Wir sind das Volk,
die Freiheit wir" - deren erste
Hälfte Ihnen von den Montagsdemonstrationen
in Leipzig 1989 her nicht unbekannt
sein dürfte), geht dann über
das Denkmal für den Schriftsteller
Berthold Auerbach (1812-1882) und
die Wandelhalle, die König Wilhelm
I. von Württemberg drei Jahre
vor seinem Tod 1861 den Kuranlagen
stiftete, bis zum Daimlerturm, der
1894, im Jahr des 60. Geburtstag
des Ingenieurs als sein persönlicher
Rückzugsort in oberen Privatgarten
Gottlieb Daimlers (1834-1900) entstand.
Leider wurde der ursprünglich
mit Zinnen versehene, mittelalterlich
wirkende, aus Travertin errichtete
Turm um 1939 aufgestockt und dabei
wurden auch die Wandmalereien im
Innern teilweise zerstört. Ab
und an öffnet der Verein Pro
Alt-Cannstatt zum "Tag des Offenen
Denkmals" zusammen mit dem Daimler-Archiv
den Turm und macht ihn damit der Öffentlichkeit
zugänglich (für 2020 hat
Pro Alt-Cannstatt etwas Anderes für
diesen Tag geplant, so er stattfinden
kann, aber bis September sind noch
einige Monate Zeit; Führungen
unter dem Jahr, auch zu normalen
Zeit, sind nicht möglich). Der
Turm ist übrigens im Besitz
der Stadt Stuttgart, wird aber von
der Firma "Daimler" baulich unterhalten,
die auch die Gedächtnisstätte
im ehemaligen Gewächshaus mit
Werkstatt betreibt. Die natürlich
jetzt auch bis auf Weiteres geschlossen
ist.
Heute sind wir an der äußeren
Marktstraße, in der Nähe
der Wilhelmsbrücke. Dort stehen
in einer Reihe zwischen Brunnenstraße
und Brücke stadtauswärts
mehrere erhaltene Fachwerkhäuser
aus der Frühen Neuzeit, vielleicht
im Kern sogar das Eine oder Andere
noch aus dem Mittelalter. Ein Wappenstein
an Nummer 56 verrät uns den Bauherrn
und das Baujahr des damals stattlichen
Neubaus, 1587. Die Familie war also
nicht unvermögend. Auf dem Wappenstein
ist ein Fisch zu erkennen und darunter
der vordere Teil eines Spatens (oft
mit Metall verstärkt; könnte
für den Nachnamen der Ehefrau
stehen, z.B. Bauer) und die beiden
Initialen des Bauherrn. Im Film spekuliere
ich über den Nachnamen Fischer,
tatsächlich findet man in "Kaufbuch
Cannstatt 1555-1582", das der Historiker
Jörg Heinrich 2016 nach mühevoller
Transkription herausgegeben hat und
dessen Druck Pro Alt-Cannstatt bezuschusste,
einen passenden Cannstatter Bürger
namens Balthasar Fischer (im Kaufbuch
manchmal auch "Balthas Vischlin" geschrieben),
der als Bauherr infrage kommt. Im letzten
Adressbuch Cannstatts vor der Vereinigung
mit Stuttgart, erschienen 1904, gehört
das Gebäude, wie auch schon in
den 1840er Jahren, einer Familie Cantz,
die um 1900 hier im Erdgeschoss und
ersten Stock eine Wirtschaft betrieb
und auch wohnte und früher (so
1846, als eine unverheiratete Magd
hier in ihrer Verzweiflung einen "Kindsmord" beging)
Metzger waren. Der Name der Wirtschaft
ist im Adressbuch leider nicht überliefert,
der damalige Wirt und Hauseigentümer
hieß Karl Cantz und hatte den
Telefonanschluss Nr. 17.
Heute sind wir in der "Neckarvorstadt",
an der Krefelder Straße. Die
Neckarvorstadt hat einen mittelalterlichen
Kern - um die Brückenstraße,
zwischen Martinskirche und Wilhelmsbrücke;
ab den 1830er Jahren erweiterte sie
sich und wurde zu einem Industriestandort,
gerade an der Hall- und der Haldenstraße,
hier wohnten in teilweise noch erhaltenen
Häusern Fabrikarbeiter, die es
durchaus auch zu Häusern gebracht
hatten, aber auch Weingärtner.
Die Firma Streicher war um 1900 eine
bekannte Eisengießerei und Dampfkesselfabrik
und später auch Stahlgießerei,
und zwar ab 1922 am Standort Asperg
als erste württembergische Stahlgießerei überhaupt.
1871 hatte Johann Michael Streicher
(1836-1890), der vorher Gießermeister
bei der Firma G. Kuhn in Berg gewesen
war, seine Fabrik gegründet und "durch
persönlichen Fleiß, Umsicht
und Zähigkeit, sowie durch die
Erzeugung eines erstklassigen Graugusses
sein Geschäft aus kleinen Anfängen
heraus immer besser zu entwickeln und
es nach und nach zu einer der bedeutendsten
Kundengießereien Württembergs
zu machen", wie es in einer späteren
Firmenbeschreibung heißt. Um
1900 wurde der Gießerei, die
schon für Kanalisations- und Bauguß einen
guten Ruf hatte, durch den Schwiegersohn
Streichers, Carl Simon (gest. 1913),
auch noch eine Dampfkesselfabrik angegliedert,
die sich rasch Erfolge hatte. "Dampfkesselanlagen,
Turbinenrohrleitungen - die Hochdruckleitung
für das bekannte Walchenseekraftwerk
in Bayern stammt z.B. zum größten
Teil von da -, rauchverzehrende Feuerungen,
Behälter und Apparate jeder Art
werden hier gebaut. In neuerer Zeit
hat die Firma sich besonders auch der
Herstellung von Bitumen-Teersprengwagen
zugewendet", wie es weiter heißt.
Um 1930, als die drei Söhne Carl
Simons den Betrieb führten, hatte
man 450 Arbeiter und Angestellte. In
den 1960 Jahren wurden bei Streicher
auch Fahrzeuge für die Straßen-
und Startbahnreinigung, die Grubenentleerung,
Kanal- und Sinkkastenreinigung hergestellt.
1982 musste die Firma Konkurs anmelden.
Während die alten Firmengebäude
verschwunden sind, blieb die Fabrikantenvilla
erhalten, an der man kleine Produkte
der Firma bewundern kann und einen
Stein mit einer Bauinschrift, die auf
dem Firmengründer und Bauherrn
Michael Streicher ("M. St.") und das
Baujahr 1881/82 verweist. Es handelt
sich also bei dem denkmalgeschützten
Gebäude um eine typische gründerzeitliche
Fabrikantenvilla auf dem Firmengelände.
Zu dieser Zeit wollten die Chefs offensichtlich
noch 24 Stunden am Tag vor Ort sein.
Die heutige Folge führt vom Daimlerturm
in die Freiligrathstraße, in
der Wilhelm Maybach mit seiner Familie
lebte. Auf Postkarten der Jahrhundertwende
wird dieses Areal nördlich der
Waiblinger Straße auch als "Villenkolonie" bezeichnet.
Tatsächlich entstanden hier um
1900 eine Reihe stattlicher Villen
und auch Doppelvillen auf großen
Grundstücken mit parkartigen Gärten,
wie es sie an der Taubenheimstraße
zum Teil schon in den 1870er Jahren
gegeben hatte - die leider nicht erhaltene
Villa Daimler ist dafür ein gutes
Beispiel. Nach dem Zweiten Weltkrieg
wurden die meisten Grundstücke
aufgeteilt und mit Neubauten "nachverdichtet".
Doch die alten Villen stehen zum großen
Teil, so auch in der Freiligrathstraße,
die ab 1895 nach dem in Cannstatt verstorbenen,
zu seiner Zeit sehr populären
Dichter Ferdinand (von) Freiligrath
(1810-1876) benannt und angelegt worden
war und auch noch in Richtung des "Freiligrathblicks" vom
Oberen Kursaal her verläuft. Zwei
Gebäude haben eine ganz besondere
Geschichte, da ist die Nummer 8, die
um 1898/1900 errichtete Villa des Bankiers
Max Hartenstein, eines Familienmitgliedes
der in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts bedeutenden Cannstatter
Bankiersfamilie Hartenstein, der von
1901 bis 1904 auch Obmann des Cannstatter
Bürgerausschusses war und in seinem
Wohnhaus den Telefonanschluss mit der
Nummer 163 besaß. Außerdem
saß Max Hartenstein laut Adressbuch
von 1904 im Vorstand der Allgemeinen
Bau-, Spar- und Bedarfs-Genossenschaft
Cannstatt, e.G.m.b.H., und war der
Rechner (also Finanzvorstand) des Evangelischen
Vereins Cannstatt (mit fünf zentralen
Einrichtungen: einem evangelischen
Vereinshaus, der "Herberge zur Heimat",
dem Kaffeehaus im Städtischen
Lagerhaus an der Brunnenstraße
7, dem Fabrikarbeiterinnenheim und
der Stadtmission). Gegenüber der
Villa Hartenstein steht eine 1906 errichtete
Doppelhausvilla (Nr. 9), in deren rechter
Hälfte Wilhelm Maybach (1846-1929)
mit seiner Familie bis zu seinem Tod
lebte, wie auch an den Initialen "WM" am
Erker des jüngst renovierten Gebäudes
zu erkennen ist. Eine Tafel des Historischen
Pfades von Pro Alt-Cannstatt (Tafel
Nr. 44) verweist auf dem bedeutenden
Ingenieur, dessen Anteile an der Entwicklung
des Daimlermotors, außer in der
absoluten Fachliteratur, nicht gebührend
gewürdigt werden. Die Gräber
von Ferdinand Freiligrath und Wilhelm
Maybach wie auch Gottlieb Daimlers
befinden sich auf dem nahe gelegenen
Uffkirchhof.
Der heutige Film führt uns wieder
in die Unteren Kursaalanlagen, die
im Jahrzehnt vor Ausbruch des Ersten
Weltkriegs in mehrfacher Hinsicht eine
Aufwertung erfuhren - im Hinblick auf
die gartentechnische Gesamtanlage,
die Bepflanzung der Grünflächen,
aber auch im Hinblick auf die "Möblierung" mit
Kunst. Hierbei kam der in Cannstatt
geborene Bildhauer Emil Kiemlen (1869-1956)
gleich mehrfach zum Zuge... einen Film über
den letzten Rest der 1914 aufgestellten
Vierjahreszeitengruppe, die drei Knaben,
die eine Weintraube halten, den "Herbst" darstellend,
habe ich ja schon hochgestellt (hier
die Nr. 4 in diesem Blog). Im Sommer
1910 wurde der Junobrunnen feierlich
eingeweiht, den der Verschönerungsverein
Cannstatt in Erinnerung an die fünf
Jahre zuvor, am 1. April 1905, vollzogene "Städteehe" zwischen
Stuttgart und Cannstatt aufstellen
ließ. Ihn ziert, alles Andere überragend,
die Göttin Juno - die (oft hintergangene,
sich manchmal an Gespielinnen ihres
Mannes fürchterlich rächende)
Ehefrau des Jupiter, des obersten Gottes
der Römer. Sie war (trotzdem)
für eine gute Ehe und für
einen guten Verlauf der Schwangerschaft
und eine leichte Geburt zuständig.
Emil Kiemlen hat sie hier recht jung
und fast Venus-gleich schön dargestellt.
Hinter ihrem linken Arm, von vorne
kaum sichtbar, ist ihr der Pfau, ihr
Attribut, beigesellt, als Zeichen für
Schönheit und Liebe. Die "Königin
Juno" (Juno Regina) war auch die Schirm-
und Schutzherrin Roms und gehörte
mit Jupiter und seiner kopfgeborenen
Tochter Minerva zur "Kapitolinischen
Trias", den drei höchsten Göttern
Roms, die im ihnen geweihten Haupttempel
auf dem Kapitol gemeinsam und einzeln
verehrt wurden. Die Wasserführung
des Brunnens, der übrigens nicht
mit Cannstatter Mineralwasser betrieben
wird, war ursprünglich eine aufwändigere,
wie man auf alten Fotos sehen kann.
Unterhalb des Sockels der Juno kamen
vier Wasserstrahle heraus. Die vier
Fischmünder "spuckten" ihren Strahl
in einem auf- und dann absteigenden
Hyperbelbogen in einer Gegenbewegung
nach oben, und nicht wie heute einfach
nach unten.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde dieses Blogs,
heute sind wir vor der ehemaligen
Königsdragonerkaserne am Hallschlag
in Bad Cannstatt am Altenburgplatz,
dessen Gestaltung in diesem Jahr mit
der Aufstellung von Informationstafeln
zur Geschichte der Römerkastells
und des Areals ihren Abschluss finden
wird. Eine der Besonderheiten, und
darüber freuen wir uns als Verein
Pro Alt-Cannstatt und als geschichtsinteressierte
Cannstatter sehr, ist, dass es auf
unseren Vorschlag hin bei der Stadtverwaltung
gelungen ist, nunmehr dauerhaft ein
originales Stück jener Römerstraße
des antiken Cannstatt zu zeigen. Dieses
Straßenstück, das jedoch
nur die obersten abdeckenden Steinplatten
und damit das römische Laufniveau
aus der Mitte des 2. Jh. n. Chr. umfasst,
ist das einzig römische Originalstück,
das derzeit im öffentlichen
Raum in Bad Cannstatt zu erleben ist.
Es trat 2012 beim Abbruch einer Kirche
am Sparrhärmlingweg gegenüber
dem Wärterhäuschen am Steigfriedhof
zu Tage. Und unter dieser obersten
Steinlage wurde zudem eine außergewöhnliche
Holzsubkonstruktion entdeckt, die aus
der Zeit zwischen 120 und 140 n.Chr.
stammte - welche derzeit in der Sonderausstellung
im Stadtmuseum Bad Cannstatt "Den Römern
auf der Spur. 125 Jahre Archäologie
in Cannstatt" erklärt wird und
an einem kleinen Balken auch zu sehen
wäre - und auf jeden Fall bis
in die Zeit "nach Corona" verlängert
wird. Wenn auch das Umsetzen der Steinplatten
nach der Einlagerung im Bauhof nicht
nach archäologischen Gesichtspunkten
erfolgte (d.h. man hat die Steine nicht
durchnummeriert und genauso in Reihe
und Position wieder verlegt, wie sie
aufgefunden wurden), so sind die unterschiedlich
großen Platten doch authentische
Zeugnisse für das antike Cannstatt
als bedeutender Straßenknotenpunkt
im der obergermanischen Provinz der
römischen Kaiserzeit. Man läuft
also über die gleichen Steine
wie die antiken Cannstatter vor ungefähr
1880 Jahren (!!!). Die Römerstraße
führte übrigens aus dem "rechten
Lagertor" (der "porta dextra") ziemlich
lange schnurgerade parallel zum Verlauf
des heutigen Sparrhärmlingweges
nach Westen, über PORT(us) - Pforzheim
und am Nordrand des Schwarzwaldes vorbei
ins Oberrheintal und über den
Rhein nach Straßburg, einer der
wichtigsten militärischen Standorte
zu Römerzeit. Die Idee des Umsetzens
der Decksteine entstand am 20. September
2012 bei einer Begehung mit Herrn Dr.
Andreas Thiel, dem für Bad Cannstatt
zuständigen Landesarchäologen,
für eine Gruppe von Journalisten
und Interessierter des auf dem Hallschlag
tätigen quartiergeschichtlichen
Arbeitskreises, der bei der "Sozialen
Stadt" angedockt ist. Und bei dem sich
unser Pro Alt-Cannstatt-Vorstandsmitglied
Matthias Busch seit Jahren engagiert
einbringt. Im Jahr 2019 wurden die
Steine schließlich in die Neugestaltung
eingebracht. Kommen Sie gut durch diese
Zeit. Dies wünscht Olaf Schulze,
1. Vors. Pro Alt-Cannstatt e.V. Historiker & Trauerredner
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter, "alte" und
neugewonnene Freunde dieses Bad Cannstatt-Blogs
- der gestern zusammen mit dem
Pforzheim-Blog den 1000. Klick verzeichnen
konnte. DANKE AN SIE / EUCH ALLE!
Heute sind wir in der Spreuergasse,
eine noch bis in die 1960er Jahre durchaus
landwirtschaftlich geprägten Gasse
- es gab damals noch ein Fuhrunternehmen
mit Pferden und der Jakobsbrunnen war
ihre Pferdetränke. Diese Gasse
hat am Ende des Krieges zu weiten Teilen
etwa von der Mündung der Sulzbachgasse
bis zur Brunnenstraße vor eine
schwere Zerstörung durch die Luftangriffe
auf Bad Cannstatt erleiden müssen.
So dass in diesem Bereich nur wenige
Zeugnisse der Baugeschichte überlebt
haben. Ein kleines Gebäude, das
rechts neben dem Ackerbürger stand,
wurde nach dem Krieg im Ober- und Dachgeschoss
wieder aufgebaut. Und - leider, sage
ich - vor zwei Jahren für einen
genehmigen Neubau abgebrochen. Ich
hatte damals auch Kontakt mit der städtischen
Denkmalpflege aufgenommen, denn das
steinerne Erdgeschoss stammte aus der
Mitte des 16. Jahrhunderts mit profiliertem
Renaissancetor und einem zu zwei Dritteln
erhaltenen Wappenstein darüber,
und habe dort nachgefragt, ob ihnen
der Abbruch bekannt ist. Was bejaht
wurde, das Haus stand im Ganzen als
Wiederaufbau der Nachkriegszeit nicht
unter Denkmalschutz, aber der neue
Bauherr hatte sich verpflichtet, das
Torgewände einzulagern und in
den Neubau an gleicher Stelle zu integrieren
und auch die Stadtmauer im hinteren
Teil des Grundstücks stehen zu
lassen, und ebenfalls im Neubau zu
erhalten. Soweit, so gut. Nun hat sich
seit dem Abbruch bislang nichts getan,
aber es kann ja noch kommen. Und es
kann auch etwas Interessantes entstehen.
Hoffen wir dies. Das Haus des "Ackerbürger",
vermutlich 1561 errichtet, ist ein
typischen kleines, kompaktes Multifunktionshaus
für eben die nicht so wohlhabenden "Ackerbürger",
Cannstatter mit kleinem Viehbestand,
kleinen Flurstücken an Acker,
Futter- und Obstwiesen und Weinbergen
und Bürgerrecht (und Bürgerpflicht)
in der Stadt. So zeigt die in der Restaurierung
wieder freigelegte Fassade deutlich
das das Haus nur aus einem, anderthalb
Wohnstöcken bestand, darüber
eine Bühne für das Einlagern,
rechts das große Stall- und Scheunentor,
in der Mitte der Zugang zur Wohnung
und links das doch recht große
Kellertor. Das Haus selbst sitzt auf
der Stadtmauer und ihrem Wehrgang auf.
Die Stadtmauer durfte überhaupt
erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts
bebaut werden, als ihr fortifikatorischer
Wert, durch die neuartigen Kanonen,
gegen Null gesunken war. Man kann den
Wehrgang besonders gut von der Seite
sehen, vom Durchgang zur Wilhelmstraße
her. In der zentralen Gaststube sitzen
heutzutage (wenn auch jetzt nicht)
einige der Gäste auf diesem zurückversetzten
Wehrgang und verzehren die Speisen
des Herrn Uwe Mürdel und seines
Teams, der seit 1996 den "Ackerbürger" mit
Erfolg betreibt. Um 1900 gehörte
das damals verputzte und eher unscheinbare
Gebäude einem Schuhmacher, der
im Nebenberuf "Leichenbesorger" war,
und einem Heizer, ein Steinbrecher
wohnte noch zur Miete. Von 1981 bis
1983 wurde das Haus renoviert und zu
einer Weinwirtschaft umgebaut. Eine
persönliche Bemerkung und Erklärung:
Dieser Beitrag ist den lieben "Trommelwieseln" gewidmet...
Vor genau 12 Jahren im Frühjahr
2009 haben sich sechs enthusiastische
Menschen um den Cannstatter Drucker
Wolfgang Reichert gesammelt und innerhalb
eines halben Jahres ein Cannstatt-Kochbuch
auf den Markt gebracht - und wir nannten
unseren "Verlag" "trommelwiese", nach
einem Teil des Cannstatter Wasens,
auf dem es natürliche Quellen
gab, die "getrommelt", also laut
gegluckst haben (etwa beim Veielbrunnenquartier).
Wir suchten damals 12 Lokale in Bad
Cannstatt aus, interviewten die Wirtinnen
und Wirte, Köche und Köchinnen,
recherchierten die Hausgeschichte(n),
fotografierten den Kochprozess (notfalls
auch mal zuhause am eigenen Herd) und
brachten Anfang Dezember "Neig'schmeckt.
Gerichte und Geschichten aus Bad Cannstatt" heraus,
gerade noch rechtzeitig für das
Weihnachtsgeschäft. Wir waren
vom positiven Feedback und auch von
unserem "lokalen" Erfolg durchaus überrascht
und ließen 2010 und 2011 jeweils
noch ein weiteres lokales Kochbuch über
Esslingen und über Ludwigsburg
folgen. Aber es zeigten sich auch bei
uns, die wir jeder einen Hauptberuf
ausfüllen müssen/dürfen
(und auch gerne ausfüllen) Ermüdungserscheinungen,
gerade beim letzten Buch. Und gerade
auch bei mir. Seither schläft
die "Trommelwiese", aber die "Wiesel" sind
in ihren Bereichen immer noch sehr
aktiv. Der "Ackerbürger" war
eines unserer 12 ausgesuchten Lokale.
Ich erinnere mich noch gut, wie heiß es
beim Interview, dass ich mit Herrn
Uwe Mürdel führen durfte,
in seiner Küche war (wir sind
dann in den Gastraum), es war ja im
Sommer, und die Sonne knallte auf's
Dach des Gebäudes. Also Wolfgang,
Yvonne und Tom, Sabine und Lars und
natürlich auch "Zö", Thomas...
kommt alle gut durch diese seltsame
Zeit.
Dies wünschen Euch Olaf
und Matthias
Heute, an Palmsonntag 2020, einem
Palmsonntag ohne fröhliche Prozessionen
in dieser eigenartigen Zeit, möchte
ich Ihnen allen, den Cannstatter und
den Pforzheimer Freundinnen und Freunden
meines Blogs, den Menschen meiner Heimatstadt,
der Goldstadt an der Enz, und meiner
Wahlheimat, der Sauerwasserstadt am
Neckar, einen gemeinsamen Film widmen,
ein Film über die katholische
Herz-Jesu-Kirche aus Pforzheims Innenstadt,
die komplett mit Cannstatter Travertin
der Firma Lauster verkleidet ist. Und
zwar stammen alle Fenster- und Türrahmungen
aus der "Gelben Bank", die Hauptflächen
sind mit bruchrauhen Mauersteinen aller
Lauster-Sorten verblendet, wie ein
zeitgenössischer Katalog der Firma "Adolf
Lauster & Co. Travertinwerke Stuttgart-Cannstatt" verrät,
der sich in meinem Besitz befindet.
Als wir vor einigen Jahren unseren
Tagesausflug mit Pro Alt-Cannstatt
nach Pforzheim machten, habe ich diese
Kirche, die mich schon als Kind fasziniert
hat, der Gruppe vorgestellt. Die Pforzheimer
Herz-Jesu-Kirche wurde vom Stuttgarter
Architekten Otto Linder geplant und,
nach der Zerstörung des 23. Februar
1945, dem bis Stuttgart am Himmel sichtbaren
Großangriff auf Pforzheim, der
auch die Herz-Jesu-Kirche betraf -
das angebaute Pfarrhaus zum Beispiel
wurde völlig zerstört, dort
ist heute eine Gedächtniskapelle
mit einem beeindruckenden Wandbild
zum 23. Februar -, noch einmal stilistisch
dem neuen Zeitgeschmack entsprechend
Ende der 1940er Jahre umgeplant. Erbaut
1928/29 auf dem Gelände einer
abgerissenen Schule aus dem 19. Jahrhundert,
verband (Albert) Otto Linder (1891-1976)
auf beeindruckende Weise in seiner
Architektur in der Außenwirkung
expressionistische Stilformen mit dem
Naturstein Travertin und seiner spezifischen
gelb-rötlichen Farbigkeit zu einer
unverwechselbaren Einheit, die er -
leider - nach dem Krieg "entschärfte" (1948-1954).
Aus dreieckig spitzen Fenstern wurden
Rundbögen. Das mehrfach gefaltete,
ursprünglich steilere Dach bekam
eine flachere Kuppel. Auch die Hauptfassade
wurde umgestaltet, Wandmalereien -
die, nach dem Foto im Lauster-Katalog,
einen Christophorus zeigten - und die
drei überhohen spitzen Portale
mit einer nach vorne geöffneten
Vorhalle entfielen, die Kirche schloss
sich optisch von nun an ab. Dafür
kam eine stark stilisierte Rosette
in die Fassade. Einzig der markante
Turm, der den Krieg ohne größeren
Schaden überstanden hatte und
für die Nachkriegspforzheimer
immer ein wichtiger Orientierungspunkt
neben dem Stadtkirchenturm, dem Turm
der Franziskuskirche und dem Alten
Wasserturm in der Trümmerwüste
war, blieb in seiner ursprünglichen
Gestaltung unangetastet. Von Anfang
an trug er, hochmodern im Jahr 1929,
ein Neon-Kreuz, das 10 Jahre später
wegen der Verdunklung während
des Zweiten Weltkriegs nicht mehr leuchten
durfte, es seit dem Wiederaufbau aber
wieder tut. Auch die Kreuzigungsgruppe
des in Pforzheim aufgewachsenen Künstlers
Edward Mürrle (1901-1995), einem
Meisterschüler von Max Kassube
(vgl. den Film über den Vogelbrunnen
in der Pforzheimer Nordstadt in meinem
Pforzheim-Blog, Nr. 8) ist noch original
erhalten in Gestaltung und Standort über
der Hauptfassade, der Enz zu. Von Edward
Mürrle stammen übrigens auch
die überlebensgroße Madonna
vor dem Pfarrhaus der Pforzheimer Franziskuskirche,
die ursprünglich an der Choraußenfassade
nahe des Turmes der Herz-Jesu-Kirche
auf einem dort noch erhaltenen Sockel
angebracht war, und der "Wagenlenker" an
der Pforzheimer Jahnhalle (1952/53).
Otto Linder, der ab 1920 in Stuttgart
ein eigenes Büro betrieb, baute
ab Mitte der 1920er Jahre bis Ende
der 1950er Jahre über 20 zumeist
katholische Kirchen in Deutschland, Österreich,
Liechtenstein und der Schweiz. Darunter
zum Beispiel als einer seiner ersten
Kirchenbauten 1924/25 die Herz-Jesu-Kirche
in Mühlacker, die man u.a. von
der Bahn aus sehen kann auf der Strecke
zwischen Stuttgart und Pforzheim/Karlsruhe.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde Bad Cannstatts,
der heutige, eher kurze Film, führt
uns auf die ehemalige Café-Terrasse
am Kleinen Kursaal, der von 1906 ab
nach den Plänen des Architekten
Albert Eitel (1866-1934) im Auftrag
des Cannstatter Brunnenvereins errichtet
und am 27. April 1908 unter Anwesenheit
des württembergischen Königs
Wilhelm II. feierlich eröffnet
wurde. Der Kleine Kursaal (damals noch "Kursaalneubau" genannt)
umfasste - und umfasst immer noch -
neben einem großzügigen
Restaurant-Teil im Erdgeschoss im Obergeschoss
einen zweiten Saal (der den langestreckten
Saal im Großen Kursaal von nun
ergänzte), weitere kleinere Veranstaltungs-
und Nebenräume, natürlich
auch Toilettenbereiche, und auf der
Rückseite eine L-förmige
Café-Terrasse im ersten Stock,
deren Nutzung spätestens nach
dem Zweiten Weltkrieg (wer es genauer
weiß, meldet sich bitte bei mir,
z.B. per Kommentar unten) leider aufgegeben
wurde. Diesmal habe ich eine Ansichtskarte
aus der Zeit um 1930 mitgebracht und "überblende" sie
mit der jetzigen Situation auf der
Café-Terrasse. Im Film vergaß ich übrigens
zu erwähnen, dass ein Schild rechts
auf der Ansichtskarte für Bayrisches
Bier wirbt - das gab es im Kursaal
also tatsächlich schon früher...
und galt als besonderes Qualitätsmerkmal
des Angebots, mit dem der Kursaalwirt
sogar Gäste in Zeitungen etc.
per Anzeige anlockte.
Heute sind wir an einem Wahrzeichen
Bad Cannstatts, zumindest aber der
Altstadt, dem "Klösterle" - einem
Gebäude, das laut dendrochronologischer
Datierung (Jahresringdatierung der
verwendeten Bauhölzer) im Jahr
1463 errichtet wurde. Hermann Kugler,
ein junger Architekt und zunächst
mit der Bauaufnahme des schon seit
den 1930er Jahren denkmalgeschützten
Gebäudes beauftragt, erwarb das
verputzte, und wenig ansehnliche, teilweise
zuletzt noch mit Eternitplatten verkleidete
Gebäude 1983 und restaurierte
es im Zeitraum von etwa einem Jahr
vorbildlich, wofür ihm 1984 der "Peter-Haag-Preis" für
beispielhaften Denkmalschutz, gestiftet
vom Schwäbischen Heimatbund under
Württembergischen Hypobank, verliehen
wurde. Im erhöhte gelegenen "Erdgeschoss" befindet
sich seit 1984 eine rustikal eingerichtete
Weinstube mit vorrangig schwäbischer
Küche mit schweren Holztischen
und viel alter Bausubstanz, die schon
seit 1998 von Nick Hemberger und seinem
Team auf bewährte Weise geführt
wird (und hoffentlich bald wieder öffnen
kann). In den oberen Stockwerken hat
Hermann Kugler bis heute sein Architekturbüro.
Der Film hat die Fachwerkkonstruktion
des "Schwäbischen Mannes" zu Thema,
bei dem am tragenden Balken x-förmig
diagonal vier weitere Balken eingefügt
wurden, die die Kräfte von oben
breit aufnehmen und nach unten breit
weitergeben, also wirklich für
eine sichere Stabilität des Fachwerks
sorgen. Die sieht aus, wie ein breitbeinig
stehender Mensch/Mann, der seine Arme
ebenfalls diagonal in den Himmel gestreckt
hat. Der "Schwäbische Mann" war
im 14. und 15. Jahrhundert in unserem
Raum eine beliebte Form der Fachwerkgestaltung
der Zimmerleute, die nicht nur optimale
Kräftelenkung erzeugt, sondern
auch dem Haus "zur Zierde gereicht",
es optisch interessanter macht. Denn
ursprünglich war das Klösterle,
wie praktisch alle Fachwerkgebäude
des späten Mittelalters, fachwerksichtig.
Erst seit dem 17. Jahrhundert mussten
im Herzogtum Württemberg die Wohnhäuser
aus Brandschutzgründen verputzt
werden, da das Feuer bei verputzten
Gebäuden nicht so leicht "überspringt".
Liebe Freundinnen und Freunde
dieses Bad Cannstatt-V-Logs,
ja, man(n) lernt nie aus, auch wenn
man(n) schon fast 55 ist - habe noch
einen Monat und 4 Tage "Gnadenfrist".
Die Töchter einer lieben Freundin
haben mich über ihre Mutter gestern
Spätnachmittag per WhatsApp aufgeklärt,
dass ich einen "Vlog" mache, einen
Video-Blog... ich bin also Vlogger
(Danke: Franziska und Pauline für
die Aufklärung und Heidi, fürs
Vermitteln ;-)) ). Und das ist jetzt
mein "Silber-Vlog" für Cannstatt,
das 25. Thema (schon).
Diesmal sind wir wieder im Stadtmuseum
Bad Cannstatt. Ich zeige zwei Vitrinen
im Obergeschoss, die die aktuelle Sonderausstellung "Den
Römern auf der Spur. 125 Jahre
Archäologie in Cannstatt" im Erdgeschoss
ergänzen, die offiziell bis zum
17. Mai läuft, aber wegen der
Corona-Pandemie nun erstmal natürlich
geschlossen ist und dann, wenn alles
klappt, noch einige Zeit in Museum
zu sehen sein soll. Die Eröffnung
dieser kleinen Ergänzung mit Funden
aus der aktuellsten Grabung, die letzten
Sommer (2019) im Bereich der Essener
und Düsseldorfer Straße
auf dem Hallschlag nahe beim "Römerkastell" stattgefunden
hat, war eigentlich für die "Stuttgarter
Lange Museumsnacht" geplant, also für
den 21. März 2020. Diese fiel
unter den aktuellen Umständen
aus. Einige Tage vor der Museumsschließung,
die am Freitag, den 13. März 2020,
auf 14 Uhr erfolgte, hatte Herr Dr.
Andreas Thiel vom Landesamt für
Denkmalpflege in Esslingen, der als
Archäologie für die provinzialrömische
Zeit eben auch für Bad Cannstatt
zuständig ist und mit seinen aus
Fachleuten und sehr engagierten Ehrenamtlichen
zusammengesetzten Grabungsteams seit über
einem Jahrzehnt in Cannstatt Vorbildliches
leistet und zahlreiche neue, vertiefende
Erkenntnisse liefern konnte, diese
Auswahl von zumeist gereinigten und
auf jeden Fall bestimmten Fundobjekten
dem Stadtmuseum für die Sonderausstellung
leihweise übergeben. Ich habe
jetzt im Auftrag der Museumsleiterin,
Frau Dr. Christiane Sutter, eine kleinere
Auswahl der verschiedenen Fundgruppen
getroffen und diese provisorisch in
die (nach der Videoaufnahme mit einer
Glashaube verschlossenen) Vitrinen
gelegt. Bei der Wiedereröffnung
wird das dann Alles noch etwas professioneller
aussehen und mit Beschriftungen und
kleinen Texten und Fotos zur Grabung
versehen sein. Doch für Jetzt
bekommen Sie als VLOG-FOLLOWER einen
guten ersten Eindruck. Bei den Funden
handelt es sich mehrheitlich um Scherben
- von Gebrauchskeramik (wie sie in
Cannstatt in großem Stil im Töpfereibezirk
am Sparrhärmlingweg hergestellt
wurde, wobei immer wieder auch Fehlbrände
entstanden) und von "Terra Sigilata" (der
gehobenen, meist importierten Ware),
die häufig aufwändig verziert
war, von "Feiner" und "Grober" (Keramik-)Ware.
Dazu kommen zahlreiche Tierknochen,
Reste von Nutz- und Jagdtieren, wie
sie zum Speiseplan der antiken Cannstatter
in der Kastellsiedlung gehörten,
sowie Metallgegenstände (Fibel,
Schmuckfibel und ein Beschlag) und
- in der Sonderausstellung bislang
nicht vertreten - das bekannte türkisfarbene,
blaugrüne römische Glas,
das auch sehr klar ist und aus dem
zum Beispiel Flaschen mit nahezu quadratischem
Querschnitt geformt wurden, die man
sehr gut in Kisten nebeneinander stehend über
weite Strecken transportieren konnte.
Ach ja, und dieser Vlog ist Andreas,
Heidi, Franziska und Pauline gewidmet,
kommt alle gut durch... das wünsche
ich Euch und den Menschen, die in Euren
Herzen sind. Und danke, dass Ihr nun
auch zu meinen Followern gehört...
Olaf
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
interessierte Gäste der Stadt
und Freunde dieses "Vlogs",
heute sind wir in der Nähe des Altenburgplatzes auf dem Hallschlag,
am Beginn des Sparrhärmlingwegs beim Steigfriedhof, und betrachten die
vor anderthalb Jahren, im Dezember 2018 aufgestellte Kopie eines römischen
Weihesteines aus dem 3. Jahrhundert. Es handelt sich um einen sogenannten "Vierwegegöttinnenstein".
Es gibt im ehemaligen Obergermanien und den angrenzenden römischen Provinzen
ca. überlieferte 80 Zwei-, Drei- oder Vierwegegöttinensteine, die
sich an Weggabelungen und Straßenkreuzungen der gutausgebauten Römerstraßen
befanden. Viele von ihnen wurden nach Ende der Dienstzeit eines "Benefiziariers",
der für den Erhalt eines bestimmten Bereiches des Straßensystems
zuständig war und in einer "statio" (einer Straßenstation Dienst
machen musste, von denen es im antiken Cannstatt zwei gab, eine beim heutigen
Uffkirchhof und eine beim Hallschlag, beim "Römerkastell". Hier wurde
auch, nicht allzu weit vom jetzigen Aufstellungsort entfernt, 1926 das Original
dieses Vierwegegöttinnensteins entdeckt, der der bislang einzig bekannte
Weihestein für die Wegegöttinnen ist, welcher diese auch zeigt, figürlich
abbildet. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entwickelte sich bei
den Kunsthistorikern und Archäologen der "Polychromiestreit". Es ging
um die Frage, ob die antiken Kunstwerke und Grab- und auch Weihesteine ursprünglich
(grundsätzlich) farbig gefasst waren, oder eben nicht. Man fand einfach
zu viele Farbreste bei Ausgrabungen in Griechenland und Italien, als dass man
hätte von einer durchgehenden Materialsichtigkeit und keiner Bemalung
ausgehen können. Ein früher und wichtiger Vertreter der heute allgemein
akzeptierten These, dass die Götter "bunt" waren, war der aus Cannstatt
stammende Philhellene und Archäologe Jakob Linkh (1787-1841), der im ehemaligen "Gasthaus
zum Ochsen" bei Wilhelmsbrücke (die damals einfach noch "Cannstatter Brücke" hieß)
am Beginn der Brückenstraße aufgewachsen war. Das klassizistische
Grab seines frühverstorbenen gleichnamigen Vaters befindet sich auf dem
Steigfriedhof, gleich beim Urnenhain am Wärterhäuschen (ein eigene
Beitrag über dieses Grab wird an dieser Stelle folgen). Auch Jakob
Linkh jun. eigenes Grab, eine liegende, oft zuwachsende Platte, ist auf dem
Friedhof bis heute erhalten. Zusammen mit Dr. Andreas Thiel, dem für Bad
Cannstatt zuständigen Chefarchäologen beim Landesamt für Denkmalpflege
hat das Vorstandsmitglied Matthias Busch im Auftrag von Pro Alt-Cannstatt eine
farbigen Rekonstruktionsversuch entwickelt, der die Blicke der Passanten fiel
mehr auf den Weihestein lenkt, als wenn er nur steinsichtig wäre. Dabei
stehen die Farben der Kleider der Vierwegegöttinnen für die Himmelsrichtungen
(in die die Straßen gerichtet waren): Blau für den Norden, Gelb
für den Süden, Rot für den Osten und Grün für den
Westen. Der ganze Stein wurde, wie damals üblich, weiß grundiert,
die Schrift mit roter Farbe betont. Der Originalstein wurde im Jahr 230 n.
Chr. im Auftrag des Benefiziariers Serenius Atticus gesetzt und die Übersetzung
der abgekürzten lateinischen Inschrift lautet folgendermaßen: Zu
Ehren des göttlichen Kaiserhauses, / den Göttinnen der Kreuzwege,
/ dem Jupiter Optimus Maximus und allen Göttern und Göttinnen / von
Serenius At/ticus, Benefiziarier in der Provinzverwaltung, / für sein
und der Seinen Wohl / aufgestellt vier Tage vor den Kalenden (Monatserster)
des Januars / im Konsulatsjahr des Agricola und Clemens (am 29. Dezember 230
n. Chr.)
Heute an Karfreitag 2020, den 10.
April "im Jahr 1 Corona", verbinden
sich die Filme meines Pforzheim- und
meines Bad Cannstatt-Vlogs inhaltlich.
Wir sind an der Uffkirche (im Mittelalter
geweiht "Unserer Lieben Frau", also
Maria), auf dem Uffkirchhof an der
Waiblinger Straße, letzte Überreste
des Ende des 15. Jahrhunderts wüst
gefallenen Dorfes "Uffkirchen" bei
Cannstatt. Wir betrachten ein kunstgeschichtlich
und stadtgeschichtliches besonders
wertvolles Epitaph (von griechisch "Trauerrede,
Totenklage") für den Cannstatter
Bürgermeister Jakob Speidel. Dieser
starb, laut den überlieferten
Inschriften, am 9. Januar 1613, im
Alter von 75 Jahren, damals ein überaus
stattliches Lebensalter. Die Inschriften
für seine beiden Frauen lauten:
(rechts) "An[n]o 1573 den 22 Tag May
starb die erbere [ehrbare] Frauw Sibyla
ehrn und selig gedachts Herrn Burgermaisters
Jakob Speidells gewesene erste eheliche
Hausfrauw, ein neuwheyserin [Neuhäuser]
von Augspurg ihres Alters im [Lücke]
Jahr deren Seel der liebe Gott gnedig
sein wölle Amen." (Und links) "Anno
1617 den 19. Novemb starb die erbere
Frauw Barbara merbemeltes [öfters
genannter] Herrn Burgermaisters Speidells
gewesen andere Hausfrauw ein geborene
Volmarin von Eßlingen ihres Alters
im [Lücke] jahr deren Seel der
lieb Gott gnedig seyn wölle Amen." Jakob
Speidel hatte innerhalb der gleichen
Schicht geheiratet und hatte zwei Frauen
aus den Handelsstädten Augsburg
und Eßlingen heimgeführt,
die beide an Haupthandelsstraße
lagen, die auch durch Cannstatt führten.
Für sein und der Seinen Gedenken
hatte er die Bildhauerwerkstatt des
Jeremias Schwartz aus Leonberg beauftragt,
die im großen Stil Grabmonumente
im mittleren Neckarraum für die
städtische "Ehrbahrkeit" und
den lokalen Adel anfertigen ließ (vergleiche
auch meinen heutigen Beitrag auf den
Pforzheim-Seiten dieses Vlogs, Pforzheim
Nr. 24), das etwas jüngere Epitaph
des Herrn Otto Beckh in der Altstadtkirche).
Wie Otto Beckh in Pforzheim hatte auch
der Bürgermeister Jakob Speidel
eine Stiftung an seine Kommune, die
Amtsstadt Cannstatt, gemacht; 1596
finanzierte Speidel einen kompletten
Steinplattenweg vom Waiblinger Tor
(heute Nähe Wilhelmsplatz, Höhe
Mündung der Spreuergasse) bis
zur Uffkirche an der Landstraße
nach Waiblingen. Heute sind drei dieser
Sandsteinplatten nahe des Friedhofseingangs
an der Waiblinger Straße und
nahe der Turnhalle der Martin-Luther-Schule
noch erhalten. Ein kleiner Gedenkstein
erinnert bei den Platten an die Stiftung
Speidels, der damals wollte, dass die
Cannstatter zukünftig auf befestigtem
Weg das Leichenbegängnis zum Uffkrichhof
würden durchführen können.
Der Aufbau der beiden Epitaphien zeigt Ähnlichkeiten,
im Zentrum steht jedesmal das Kruzifix
mit der davor, nach Geschlechtern getrennt,
betenden Familie, er Mann rechts von
Christus, seine beiden Ehefrauen links.
Auch hier zeigt die Ornamentik den Übergang
von Renaissance zu Barock. Seit mehr
als 120 Jahren ist das Epitaph durch
ein kleines Vordach vor dem Wetter
geschützt. Kommen Sie, kommt gut
durch diese Ostertage.
Dies wünscht
Ihnen und Euch
Olaf Schulze Historiker,
Trauerredner und 1. Vors. von Pro Alt-Cannstatt
Liebe Freundinnen und Freunde
dieses Vlogs, liebe Bad Cannstatterinnen
und Bad Cannstatt,
heute ist Karsamstag, der letzte
Tag der Karwoche, der Fastenzeit, der
letzte Tag vor Ostersonntag, ein Tag
des Übergangs, aber keine Sorge,
das wird nicht das "Wort zum Sonntag".
Heute sind wir in der Spreuergasse
und betrachten einen Bau mit einer
interessanten Geschichte. Er erstand
in einer Übergangszeit, in einer
Notzeit, er war damals ein Zeichen
der Hoffnung, dass es auch nach Krieg
und Zerstörung ein "weiter" gibt,
einen Neuanfang. Mehr als die Hälfte
der Spreuergasse, etwa ab der Mündung
der Sulzbachgasse bis zur Brunnenstraße,
war am Ende des Zweiten Weltkriegs
eine Trümmerwüste, in der
nur vereinzelte, schwer beschädigte
Gebäude "überlebt" hatten
(wie zum Beispiel der "Ackerbürger",
Cannstatt Film hier Nr. 21). In der
Zeit vor der Währungsreform entstanden
fast nur Provisorien, Notbauten, konnten
mit Müh und Fleiß Reparaturen,
so gut es eben ging, vorgenommen werden.
1872 gründete Karl Veyhl eine
Flaschnerei an diesem Ort, in der damals
eher noch landwirtschaftlich geprägten
Spreuergasse (Nr. 47), Ecke Finstermünzgasse.
Sein Sohn Hermann Veyhl übernahm
sie 1910 und führte sie durch
schwierige Zeiten, den Ersten Weltkrieg,
die Zeit der Inflation und der Weltwirtschaftskrise
und den Zweiten Weltkrieg, und musste
auch die Zerstörung des Familienhauses
und Firmensitzes erleben. Er unterstützte
aber auch seinen Sohn Karl Veyhl 1946/47
beim Wiederaufbau, wobei die stehenden
Reste der Ruine genutzt wurden. Dieses
eigentlich eher unscheinbare Gebäude
ist einer der ersten Wiederaufbauten
in Stuttgart-Bad Cannstatt und damit
nicht nur familien- und firmengeschichtlich,
sondern auch stadtgeschichtlich von
Bedeutung, ein Zeugnis einer besonderen
Epoche. Um so mehr ist zu begrüßen,
wie die jetzige Generation, der vielseitig
für Bad Cannstatt engagierte Gerhard
Veyhl, nachdem der Firmensitz 1998
in die ehemalige Zuckerfabrik verlegt
wurde, mit dem Stammhaus umgeht, in
dem nun eine Einrichtung der Caritas
untergebracht ist. Besonders interessant
am Gebäude sind der historische
Ofenstein aus dem 16. Jahrhundert (datiert
1584) und die Bauinschrift von 1947 über
dem Eingang. Am Ende des Filmes hat
mich meine Erinnerung getäuscht,
ich drehe diese Filme meist spontan
und hole meine Gedanken dazu und mein
Wissen aus meiner langjährigen
Erfahrung als Stadtführer (in
Bad Cannstatt seit 2005) und als Historiker...
doch manchmal hat man etwas falsch
abgespeichert. Aber da ich für
die Kommentar-Texte immer auch auf
meine Sammlung und Cannstatt-Bibliothek
(oder auf die Sammlung und Bibliothek
von Pro Alt-Cannstatt) zurückgreife,
habe ich jetzt selbst wieder mein Wissen
aufgefrischt und muss mich korrigieren.
Die von mir erwähnte mittelalterliche
Burg lag nicht auf dem Gelände
der Flaschnerei Veyhl, sondern eine
Straße weiter, Ecke Speuer- und
Helfergasse. Wobei ein Teil des Burggrabens
nur zwei Grundstücke entfernt
(Nr. 43) bei Bauarbeiten 1960 entdeckt
und ausgegraben wurde. Aber es gibt
also auch noch eine ältere Ebene
in diesem Gebiet der Cannstatter Altstadt,
denn auf den Grundstücken der
Häuser Spreuergasse 35 bis 43
befand sich bis ins späte 13.
Jahrhundert eine der sechs alten Cannstatter
Burgen adliger Familien, die 1287,
weil sie sich zusammen mit den Württembergischen
Grafen gegen Rudolf, den König
des Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nation erhoben hatten, nach
Ende der Auseinandersetzungen "geschliffen",
also abgebrochen werden mussten. Dabei
handelte es sich um kleine, zum Teil
innerstädtische Burgen, Steinbauten,
Wohntürme, wie in diesem Fall
sogar auf einem Hügel, mit eigenem
Burggraben und Ummauerung. Durch Grabungen
konnte diese Burg "zum Stein" hier,
die im 13. Jahrhundert den Herren "vom
Stein" gehörte, nachgewiesen werden
(vgl. Gerhard Wein: Die mittelalterlichen
Burgen im Gebiet der Stadt Stuttgart.
2. Band. Stuttgart 1971, S. 138ff.)
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
Freunde dieses Vlogs,
zunächst einmal "Frohe Ostern",
auch zu jetzigen Zeiten. Warum wünschen
wir uns überhaupt "Frohe Ostern".
Die Christen glauben an die "Gute Nachricht" Gottes,
an das "Evangelium" (griech.: Gute
Nachricht). Die Auferstehung Christi "am
dritten Tage" nach der Kreuzigung war
für die Urchristen ein Grund zur
Freude, Ostern ist für die Christen
ein Grund zur Freude. Nicht umsonst
gab es früher (z.B. im [katholischen]
Mittelalter) das "Osterlachen" in
der Predigt, die Gläubigen, die
Zuhörer sollten, durften in der
Kirche lachen... und die Priester sorgten
dafür mit Beispielgeschichten,
Schwänken etc. Das Lachen in der
Kirche war fester Bestandteil der "freudige
Botschaft", und daher also - verkürzt
gesehen - kommt der Wunsche "frohe
Ostern". Manchmal lachen wir auch über
unser eigenes Missgeschick oder über
die Situationskomik, in der andere
Menschen ungewollt kommen. Ob die Menschen
am Burgholzhof gelacht haben, als ich
vor einer Woche, am Nachmittag des
Palmsonntags, beim Dreh dieses Videos
am Schluss über eine von mir beim
Filmen mit dem IPhone übersehene
steinerne Einfassung am Übergang
von Grünanlage am Turm zum Wanderweg
davor ins Straucheln kam und fiel.
Und dabei (zumindest dreimal) am Schluss,
bitte entschuldigen Sie den Ausdruck, "Scheiße
- Scheiße - Scheiße", rief...
bis ich auf die Austaste des Videos
drückte. Danach stand ich unter
Schock, mein Kreislauf rutschte weg,
und brauchte einige Zeit und erhöhte
Beine auf einer Ruhebank dort, um wieder
einigermaßen ins Lot zu kommen.
Am nächsten Tag war ich beim Orthopäden
und jetzt darf ich vier Wochen eine
Orthese am linken Fuß tragen,
aber ich soll in Maßen belasten
und auch laufen. Ich hatte Glück
im Unglück (wieder mal, danke
Schutzengel oder wem auch immer) und
nun ist mein osterbunter linker Fuß so
langsam am Abschwellen. Nun zum heutigen
Film, der unter schönen Licht-
und erschwerten sonstigen Umständen
am letzten Sonntag beim Burgholzhofturm
entstand. Der Burgholzhofturm wurde
als Aussichtsturm vom Verschönerungsverein
Cannstatt 1891 errichtet, und zwar
in Travertin- und Ziegelbauweise, angelehnt
an "römische Warttürme",
wie man sie sich Ende des 19. Jahrhunderts
vorstellte. Drei Jahre nach Fertigstellung
des Turmes wurde dann unterhalb, auf
dem Hallschlag, das Römerkastell
entdeckt. Doch man wusste natürlich
schon vorher anhand von Funden und
Befunden, dass in Cannstatt die Römer
gesiedelt haben mussten. Der Burgholzhofturm
selbst ist nach dem alten Gewannnamen "Burgholz" benannt
und nach der königlich württembergischen
Hofdomäne "Burgholzhof", die im
19. Jahrhundert angelegt wurde und
um 1900 für mehrere Generationen
von der Familie Aldinger betrieben
wurde. Das angeschlossene Gasthaus
war ein beliebter Ausflugsort in der
Umgebung Stuttgarts und Cannstatts,
auch noch nachdem der Turm errichtet
worden war. Manchmal liest man, dass
bei der Einweihung des Turmes der spätere
König Wilhelm II. von Württemberg
anwesend gewesen sei, zu diesem Zeitpunkt
noch Kronprinz, doch, wie ich aus Anlass
eines Vortrags zum 125jährigen
Turmjubiläum für den Burgholzhofverein
nachweisen konnte, befand sich der
Kronprinz zu diesem Tag auf der Jagd
und wurde nur per Telegramm benachrichtigt
und antwortete auch auf diesem Wege.
Später trug er sich ins Turmbuch
ein, auch hatte er Land umsonst abgetreten
für den Bau des Turmes, der etwa
ein halbes Jahr in Anspruch nahm, aber
persönlich anwesend war der Kronprinz
am Tag der Einweihung, dem 19. September
1891, nicht. Gottlieb Daimler, der
im Beirat des Verschönerungsvereins
war, stiftete Geld für die Ausgestaltung
der unteren Turmstube. Vielleicht inspirierte
ihn der Bau auch zur Errichtung seines
eigenen Turmes drei Jahre später,
1894 (vgl. Cannstatt-Vlog hier, Nr.
15). Der Burgholzhofturm war von Anfang
an gegen Eintritt zugänglich.
Während des Ersten und noch einmal
während des Zweiten Weltkriegs
wurde er aus militärischen Gründen
für den Publikumsverkehr gesperrt.
Das gleiche galt auch ungefähr
ab 1960, von da an durften auch keine
Schulklassen und sonstigen Gruppen
den Turm besteigen, weil man in die
militärische Anlage der Amerikaner
(die unter den Nationalsozialisten
auf dem Gelände der ehemaligen
Domäne errichtete "Flandernkaserne" hieß nun
für einige Jahrzehnte "Robinson
Barracks") hätte von dort aus
blicken und auch fotografieren dürfen.
Erst in den 1980er Jahren kam wieder
Bewegung in die Nutzung des Turmes
durch den Verein Pro Alt-Cannstatt.
Eine nicht vollständig geglückte
Taubenmistaktion brachte Aufmerksamkeit,
der Turm wurde renoviert und am 23.
August 1987 wieder der Öffentlichkeit übergeben.
Seit dem Jahr 2000 organisiert der
Förderverein Burgholzhofturm die
Vergabe der Nutzung im Sommerhalbjahr
jeweils für ein Wochenende an
Bad Cannstatter und Stuttgarter Vereine,
die dann auch verpflichtet sind, den
Turm zur Besichtigung aufzuschließen.
2017 wurde eine historische Erläuterungstafel
beim Turm aufgestellt, die auch im
Blog zu sehen ist.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatt,
liebe Freunde dieses Bad Cannstatt-Vlogs,
heute sind wir an der Evangelischen
Steigkirche, Auf der Steig 21, die
1965/66 nach Plänen der Architekten
Horst Nanz und Werner Hammeley in modernen
Bauformen, die u.a. auch in der Tradition
des Bauhauses und der damit verbundenen
Architektur der 1920er Jahre stehen.
2017 wurde die Steigkirche betonsaniert,
auch das von den gleichen Architekten
ursprünglich als Jugendhaus konzipierte
Steig-Gemeindehaus erfuhr 2014 bis
2016 eine Sanierung und Umnutzung,
nachdem das alte Steiggemeindehaus
aus den 1920er Jahren an der Altenburger
Steige aufgegeben werden musste (aufgrund
der seit Jahren überall im Land
sinkenden Gemeindemitgliederzahlen).
Das alte Steiggemeindehaus ist in der
Zwischenzeit abgebrochen und durch
neue Wohnbauten mit Eigentumswohnungen
ersetzt worden. Ein über dem Kindergarteneingang
des abgebrochen Steiggemeindehauses
befindliches Steinrelief konnte auf
Initiative und mit einem Zuschuss von
Pro Alt-Cannstatt und mit Unterstützung
der evangelischen Steiggemeinde und
durch eine Privatspende einer Privatperson,
die diesen Kindergarten einst, vor
vielen Jahrzehnten, besuchte, beim
Abriss 2016 geborgen und gesichert
werden, und ist seit Frühjahr
2018 hinter der Steigkirche in einem
Gartenstück mit einer erklärenden
Tafel aufgestellt worden, ein sichtbares
Stück Geschichte der evangelischen
Steigkirchengemeinde, ein Erinnerungsstück
für Hunderte von Kindern, die
den Kindergarten seit 1928, dem Jahr
der Eröffnung des Steiggemeindehauses,
durchliefen. Das Relief stammt vom
Stuttgarter Künstler Hermann Wilhelm
Brellochs (1899-1979) und zeigt "Spielende
Kinder", ganz im Stil der 1920er Jahre,
eng beieinander, das Jüngere nackt,
mit Puppenwagen und einem kleinen Ball
(oder Apfel?), im Hintergrund links
sieht man die Sonne am Himmel. Ein
zweites Relief, dass sich über
dem Haupteingang zum Gemeindehaus befand,
dessen Saal ursprünglich auch
als Kirchenraum diente, zeigte einen
segnenden, sitzenden Jesus mit seiner
Gemeinde. Dieses deutlich größere
Kunstwerk ist (leider) zerstört,
die Gemeinde schaffte es nicht, genügend
Spender zu finden, vielleicht fehlte
es auch, das ist mein persönlicher
Eindruck, an Bewusstsein, was man da
eigentlich hatte, und an Engagement
und Überzeugung, dass man es erhalten
muss. Denn einen würdigen Platz,
es zu bewahren, hätte es an den
jetzt noch der Gemeinde gehörenden
bzw. gerade erst gebauten Gebäuden
genug gegeben. Natürlich passt
das Michaels-Relief der Blumhardtgemeinde
(s.u.) genau an eine der Hauptansichten
der Kirche und stammt noch aus der
gleichen Zeit, Mitte der 1960er Jahre...
das diese Lösung gewählt
wurde verstehe ich gut und begrüße
es auch. Doch manchmal liebt man die
Tante mehr als die Mutter... eine vertane
Chance, nochmals meine Meinung, der
ich mich mit dem Vorstand von Pro Alt-Cannstatt
wenigstens für das Kindergartenrelief "verkämpft" habe.
Danke auch hier besonders an Herrn
Jochem Heim vom damaligen Kirchengemeinderat.
Seit 2019 befindet sich noch ein weiteres,
exiliertes Kunstwerk, in diesem Fall
direkt an der Fassade der Steigkirche,
der Straße Auf der Steig zu.
Es handelt sich dabei um eine große
Wandskulptur des bekannten Bildhauers
Fritz Nuss (1907-1999), die ursprünglich
(1965) für das Blumhardt-Gemeindehaus
in Bad Cannstatt geschaffen wurde und
nach Abbruch des Gemeindehauses 2019
am jetzigen Ort eine neue Heimat fand.
Dargestellt ist in sehr abstrakten
Formen der Erzengel Michael als Drachentöter,
nach der Textstelle Offenbarung 12,
7-9, ein seit dem Mittelalter beliebtes
Motiv, das den ewigen Kampf der guten
und der bösen Mächte um die
Welt und die Menschen darstellt.
Weiterhin gute Ostertage wünscht
Olaf Schulze Historiker und Trauerredner,
1. Vors. von Pro Alt-Cannstatt
Liebe Cannstatterinnen
und Cannstatter, liebe Freunde dieses
Bad Cannstatt-Video-Blogs zu Corona-Zeiten,
heute sind wir in der Altstadt von
Bad Cannstatt und zwar am Jakobsbrunnen,
der aus dem Jahr 1834 stammt, wie eine
Inschrift am gusseisernen Brunnentrog
in lateinischen Zahlreichen verrät,
und der heutzutage von der Kellerbrunnenquelle
gespeist wird. Sein großer Brunnentrog
erzählt auch von der Hauptnutzung
des Jakobsbrunnens, er diente (noch
bis in die 1960er Jahre) als Pferdetränke.
Damals gab es auf dem heute Baum bestandenen
Platz direkt hinter dem Brunnen noch
drei Gebäude, die im Rahmen der
Altstadtsanierung um 1980 abgebrochen
wurden.
Mein heutiger Interviewpartner
ist mein langjähriger Vorgänger
im Amt des ersten Vorsitzenden von
Pro Alt-Cannstatt, Hans Betsch, der
sich über Jahrzehnte für
Bad Cannstatt im Verein Kübelesmarkt
und bei Pro Alt-Cannstatt in verschiedenen
Funktionen eingebracht hat - immer
unterstützt von seiner Frau Anita
Betsch. Auch ihre beiden Söhne
Olaf Betsch und Stefan Betsch engagieren
sich seit Jahren in vielfältiger
Weise bei den "Küblern",
Stefan Betsch ist wie sein Vater u.a.
auch "stadtführend" unterwegs
(vgl. seine Homepage www.bad-cannstatt-erleben.de),
Olaf Betsch betreut das Archiv des
Kübelesmarkts, das bis in die
Gründung des Brauchtumsvereins
im Jahr 1924 zurückreicht.
Hans
Betsch berichtet am Jakobsbrunnen über
die Anfänge des Vereins Pro Alt-Cannstatt
ab Mitte der 1970er Jahre, zunächst
als Untergruppe des Kübelesmarkts.
Eines der ersten Großprojekte
war damals die Sanierung des Jakobsbrunnens,
20 000 DM brachten die Bad Cannstatter
mit unterschiedlichen Aktionen zusammen
(u.a. entstand so auch der bis heute
durchgeführte eintägige Niklasmarkt
an einem Dezembersamstag in der Adventszeit)
und trugen damit knapp 60 Prozent der
damaligen Renovierungskosten von 35
000 DM. Bis heute ist Pro Alt-Cannstatt,
mit derzeit rund 185 Mitgliedern, erfolgreich "unterwegs",
nicht nur für die Altstadt, sondern
in möglichst vielen Stadtteilen
unserer Stadt in der Stadt mit ihrer
vielfältigen Geschichte und Struktur
(vgl. www.proaltcannstatt.de). Doch
ohne die Anfänge und die Gesichter
und Namen der ersten Stunden stände
der Verein nicht da, wo er heute ist.
Ihnen soll dieser Beitrag gewidmet
sein.
Danke Hans, dass Du
uns hilfst die Erinnerung an die Anfänge
von Pro Alt-Cannstatt wachzuhalten
und auch niederzuschreiben. Alles Gute
für Dich und die Deinen.
Olaf
Schulze, 1. Vors. Pro Alt-Cannstatt
e.V. Historiker & Trauerredner
www.cannstatts-geschichte-sehen-lernen.de
Heute sind wir im Brunnenhof hinter
dem Großen Kursaal. Dieses Areal
wurde in den letzten 200 Jahren
mehrfach
umgestaltet. Im Jahr 1821 wurde der
Cannstatter Brunnenverein gegründet
- ein großes Jubiläum steht
also nächstes Jahr an, die Vereinigung
Cannstatter Vereine macht sich bereits
Gedanken. Der Brunnenverein war der
Bauherr des Kursaals und der Betreiber
und Vermarkter der mit dem Kursaal
verbundenen Quelle, der heutigen Wilhelmsquelle
(Wilhelmsbrunnen), benannt nach König
Wilhelm I. von Württemberg (1781-1864),
der Zeit seiner Regierung (1816-1864)
den Kurbetrieb Bad Cannstatts auch
aus seiner Privatschatulle förderte
und selbst das Cannstatter Sauerwasser
regelmäßig trank. Vielleicht
half es ihm auch knapp 83 Jahre alt
zu werden. Über viele Jahre Vorstand
("Präsident") des Cannstatter
Brunnenvereins war August Wilhelm Freiherr,
(ab 1859 dann) Graf von Taubenheim
(1805-1894), langjähriger Stallmeister
und Kammerherr und persönlicher
Freund und Berater König Wilhelms
I., mit dem er das starke Interesse
für Pferde und ihre Zucht teilte.
So unternahm er mit Anderen zusammen
1840/41 auch eine Orientreise, um Araberpferde
als Zuchttiere für den König
zu erwerben. 1841 wurde er dann Oberstallmeister,
also Chef aller Königlichen Stallungen,
so auch für die königlichen
Gestüte Weil und Marbach. 1854
wurde Taubenheim zudem Ehrenbürger
der Stadt Cannstatt aufgrund seiner
Verdienste um den Kurbetrieb, gegen
Ende des Jahrhunderts wurde eine Straße
nach ihm benannt. Er war beim Tod König
Wilhelms I. im Juni 1864 im Schloss
Rosenstein anwesend und genoss auch
bei dessen Sohn und Nachfolger Karl
eine Vertrauensstellung. Erst mit der
Thronbesteigung König Wilhelms
II. im Oktober 1891 reichte Taubenheim,
damals 86 Jahre alt, seinen Rücktritt
ein. Der Brunnenverein errichtete seinem
langjährigen Vorsitzenden und
späteren Ehrenpräsidenten
unmittelbar nach dessen Tod ein Denkmal,
das der Stuttgarter Bildhauer Paul
Gottfried Christaller (1860-1950) schuf
und das bei den Umgestaltungen des
Brunnenhofs 1933 unter den Nationalsozialisten
dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend
seiner muschelförmigen Bekrönung
beraubt wurde.
Römische Grabdenkmäler aus
dem antiken Cannstatt, die sich im
Außenbereich vor dem Stadtmuseum
Bad Cannstatt befinden, sind das Thema
unseres heutigen Videos. Es handelt
sich dabei allerdings nicht um Originale,
sondern um Repliken in Originalgröße.
Die Originale befinden sich im Lapidarium
unter dem Neuen Schloss in Stuttgart.
Das Video beginnt mit dem Grabdenkmal
der Göttin Herecura, einer Unterwelts-
und Fruchtbarkeitsgöttin. Sie
thront auf einer Art Korbsessel und
hält auf ihrem Schoß einen
Korb mit Früchten, als Zeichen
der Fruchtbarkeit. Einen (scheinbar)
toten Samen steckt der Landmann in
die Erde, daraus erblüht eine
Pflanze, die real oder im übertragenen
Sinn Früchte trägt. Das ist
der tiefere Sinn der Darstellung, aber
auch der Bezug zu einem Grab. Der als
zweites gezeigte ruhende Löwe
gehört zu einer Grabmonumentumfassung
und hatte sicher ein in die Gegenrichtung
blickendes Gegenstück. Er übernimmt
hier in gewisser Weise die Aufgabe
der Sphinx vor den Pyramiden, er wacht über
das Grab und zeigt aber auch den (vermeintlichen
oder tatsächlichen) Rang des Verstorbenen.
Das letzte Monument ist in seiner Form
eine klassische Darstellung eines Totenmahls.
Der Verstorbene ruht auf einer Kline,
einer Art Sofa, beim Essen, zumindest
für die reichen römischen
Männer eine übliche Haltung
beim Mahl, die nicht immer sehr entspannt
gewesen sein kann. Eine Diener oder
Sklave steht vor dem Toten und reicht
ihm einen Krug (vermutlich mit Wein),
auf einem kleinen dreibeinigen Tisch
stehen drei kleine Schalen mit Speisen.
Die ganze Szene war, wie auch der wachende
Löwe und die thronende Herecura,
ursprünglich farbig bemalt (vgl.
den Vierwegegöttinnenstein, Replik
am Altenburgplatz, Bad Cannstatt-Video
hier auf diesem Vlog, Nr. 26). Alle
drei Monumente stammen aus der Zeit
um 200 n. Chr. Solche aufwändigen
Grabmonumente konnten sich nur gehobene
Schichten des römischen Cannstatt
leisten, Besitzer von Landgütern
("villae rusticae") aus dem direktem
Umland, oder reiche Händler oder
Handwerker mit großen Werkstätten
oder hohe oder zumindest mittlere kommunale-
oder kaiserliche Beamte. Die Gräber
der Armen zierten selten Markierungen
und auch die Anzahl der Grabbeigaben
war bei ihnen gering. Eine große
Nekropole, schon im frühen 19.
Jahrhundert entdeckt, befand sich an
der Römerstraße nach Norden
auf dem Hallschlag, bei der lange Jahre
existierenden Ziegelei Höfer (aus
diesem Areal stammen auch die vor dem
Stadtmuseum als Kopie aufgestellten
Funde). Vermutlich waren hier bis zu
3000 Individuen bestattet, zumeist
in Brandgräbern. Eine weitere
Nekropole des antiken Cannstatt, vermutlich
jünger, könnte sich beim
Uffkirchhof befunden haben.
Heute sind wir am Fuß der Offenburger
Staffel, die seit 1930 die Neckarvorstadt
mit den Stadtquartier Altenburg, die
Haldenstraße im Tal mit der Züricher
Straße auf dem Berg verbindet. Übrigens
hat man im oberen Drittel der Staffel
einen schönen Blick über
Bad Cannstatt bis Untertürkheim
und zur Grabkapelle auf dem Württemberg
- und natürlich sieht man Uhlbach
nicht! - vgl. mein an dieser Stelle
falscher Kommentar im Film über
den Vierwegegöttinnenstein, hier
Nr. 26), danke Walter Dürr für
Deinen Anruf und dass Ihr meine Filmchen
so regelmäßig schaut. Als
ich vor Anfang der 2000er Jahre hier
das erste Mal die Staffel benutzte,
fielen mir natürlich dieses seltsamen
Gesichter auf, die an der unteren Mauer
beim Staffelaufgang auch schon damals
bereits angebracht waren. Sie entstanden
im Rahmen einer Aktion - und zwar im
August 1999 als Teil des Projekts der
Stuttgarter Jugendamtes "Kinderspuren
in der Stadt", als damals von 42 Kindern,
die sich regelmäßig im Kifu-Kindertreff
(Stuttgarter Jugendhaus e.V.) trafen
und deren Vornamen auf der Erläuterungstafel
zum Projekt "ALS DIE MAUER EIN GESICHT
BEKAM" verewigt sind, Gipsabdrücke
der Gesichter genommen wurden, die
dann, mit Beton (?) oder Kunststein
ausgegossen wurden und hier im Anschluss
an die Mauer gebracht. Die meisten
Köpfe haben bis heute überlebt,
und ich hoffe alle Beteiligten, die
heute im jungen mittleren Erwachsenenalter
sind und vielleicht auch schon selber
Kinder "mit einem Gesicht", einem eigenen
Charakter, einem eigenen Wesen haben.
Ihnen allen sei dieser kleine Film
gewidmet... und vielleicht stößt
einer / eine von den damaligen Kindern
auf diesen Blog, und schreibt einen
kleinen Kommentar. Schon mal danke
dafür. Olaf Schulze. Bleiben Sie,
bleibt gesund.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde dieses Bad Cannstatt-Vlogs,
die heutige Videoführung
stellt die Altenburgschule und die
Anfänge des Stadtquartier "Altenburg" in
Stuttgart-Bad Cannstatt vor. Das älteste
Gebäude in diesem Bereich war
tatsächlich die Altenburgschule,
deren Grundstein 1914 neben dem alten
Steigfriedhof gesetzt wurde und die
im ersten Kriegsjahr 1915 ihrer Bestimmung übergeben
werden konnte. Gegen den ursprünglich
vorgesehenen Namen "Schule auf der
Steig" setzte sich der Name "Altenburgschule" durch.
Der Architekt der für damalige
Verhältnisse sehr modernen Volksschule
war der Stuttgarter Stadtbaurat, seit
1914 Oberbaurat Albert Pantle (1859-1921),
der auch die stilähnliche Schickhardtschule
1912/13 geplant hatte und zu gleicher
Zeit das Verwaltungsgebäude des
neuen Schlachthofes in Gaisburg (heute "Schweinemuseum").
Bereits seit 1911 war Pantle Leiter
des Städtischen Hochbauamts Stuttgart
- und hatte kurz vor der Altenburgschule
auch das Hauptgebäude für
den Stuttgarter Waldfriedhof entworfen,
auf dem er auch bestattet wurde (das
Grab ist bis heute erhalten). Die Altenburgschule,
die am Ende des Ersten Weltkriegs Anlaufpunkt
und Abmusterungsstelle für die
nach Stuttgart zurückkehrenden
württembergischen Truppen war
und daher zeitweise für den Schulbetrieb
gesperrt, erfuhr auch im Zweiten Weltkrieg
eine Umnutzung als Notunterkunft, Verpflegungs-
und Notdienststelle. Von größeren
Luftangriffen im Wesentlichen verschont,
wurde die Altenburgschule 1946 wieder
zu einem Ort für Schüler.
40 Klassen und rund 1800 Schülerinnen
und Schüler zählte der damalige
Schulleiter Herr Kölle damals,
weiß die Schulchronik zu berichten
(vgl. www.altenburgschule.de/unsere-schule).
Heute besuchen rund 700 Schülerlinnen
und Schüler die Einrichtung, die
2016 zur Durchführung eines Ganztagesbetriebes
um eine Mensa im großen Schulhof
erweitert wurde. Gleich neben der Schulturnhalle
entdeckt man ein kleines Ziegel gedecktes
Doppelhaus ganz aus Holz aus dem Jahr
1921. Es ist das älteste Wohnhaus
auf der Altenburg und war in gewisser
Weise ein Musterhaus für die Interessenten
zur Siedlungsentwicklung auf der damals
noch unbebauten Fläche, vorangetrieben
durch eine Siedlungsgesellschaft. Doch
die fortschreitende Inflation verzögerte
der Start weiterer Bauten bis 1924.
Diese wurden dann in einem gemischten
Stein- (Sockelgeschoss) und Holzbauweise
errichtet, wobei von den Familien viel
Eigenleistung erbracht und auch erwartet
wurde. Die der Schule zugewandte Hälfte
des Prototyps gehörte dem Cannstatter
Christian Peter (1854-1938), folglich
einer der ersten "Altenburger", der
als ehemaliger freiwilliger Feuerwehrmann
einer der letzten Zeitzeugen des berühmten
Cannstatter "Mondlöschereinsatzes" in
der Ostersamstagsnacht 1887 war und
50 Jahre nach dem Ereignis von seiner
Tochter Sophie Tschorn (1891-1975),
einer Rundfunkpionierin am Sender Stuttgart,
zum Ereignis interviewt wurde. Christian
Peters Enkeltochter, Magdalene Feinauer
(1919-2015), die ich noch kennenlernen
und in ihrem Reich besuchen durfte,
ermöglichte die Vermittlung der
drei in verschiedenen Familienzweigen
erhaltenen Schellackplatten zur Digitalisierung
an Pro Alt-Cannstatt. Frau Feinauer
war dann unser Ehrengast beim 125jährigen
Jubiläum des Mondlöschereinsatzes
im Verwaltungsgebäude. Ihre letzte
Ruhestätte ist das Grab des Großvaters
auf dem Steigfriedhof, gar nicht so
weit vom Holzhaus entfernt.
Das heutige Video, liebe Freunde
und Freundinnen dieses Bad Cannstatt-Vlogs,
führt uns auf den Steigfriedhof,
den vermutlich ältesten Friedhof
auf Stuttgarter Gemarkung... hier
oben nämlich lag bereits in
der Zeit um 700 eine Martinskirche,
die Mutterkirche aller Kirchen im
Cannstatter Neckar- und Stuttgarter
Nesenbachtal. Spätestens um
1500 fiel die Ortschaft Altenburg
mit der Martinskirche und ihrem kleinen
Kirchhof wüst - eine ähnliche
Entwicklung hatte auf die Gemeinde
Uffkirchen um ihre Liebfrauenkirche,
der heutigen Uffkirche -, die Martinskirche
wurde 1516 an der Brückenstraße
im Tal am Rande der damaligen Neckarvorstadt
neu aufgebaut. Der Friedhof aber
blieb auf der ersten "Hangtreppe" südlich
der ehemaligen Römerstraße
des Sparrhärmlingwegs erhalten.
Die ältesten, dort heute noch
anzutreffen Gräber, stammen
jedoch erst aus der Zeit kurz vor
und nach 1800 (an und in der Uffkirche
selbst reichen die Epitaphien bis
in die Zeit um 1500 zurück;
vgl. u.a. Film Cannstatt Nr. 27)
hier auf diesem Vlog). Der Steigfriedhof
war im frühen 19. Jahrhundert
gewisserweise ein "Friedhof zweiter
Wahl", hier wurden alle Katholiken,
Ortsfremden (natürlich auch
Ausländer) und Selbstmörder,
die etwa am Neckar gefunden worden
waren, bestattet. Das zweite Grabmal
in diesem Video belegt dies, es ist
ein Grabmal für eine, vermutlich
bei einem Kuraufenthalt hier in Cannstatt
1847 verstorbene Schottin, dessen
rein englischsprachigen Inschriften
vor einigen Jahren ganz vorsichtig
gereinigt wurden und seither wieder
gut lesbar sind. Es handelt sich
dabei um das Grabmal der Mary Hamilton
Ballie Begbie (1791-1847), deren
einer Sohn 1819 auf der Insel Mauritius
geborener Sohn Matthew Baillie Begbie
(1819-1894; siehe en.wikipedia.org/wiki/Matthew_Baillie_Begbie)
ein bedeutender kanadischer Jurist
und Richter höchstens Ranges
wurde, nach dem sogar mindestens
ein Berg, eine Stadt, eine Schule
und eine Universität in Kanada
bis heute benannt sind. In der englisch
sprachigen Biographie über
ihn wird erwähnt, dass er das
Grab seiner Mutter zumindest einmal
bei einem Urlaub in Europa besuchte.
Sein Vater war bei der Bestattung,
oder zumindest bald danach am Grab,
denn ich habe den Hotelaufenthalt
für ihn in einem Stuttgarter
Hotel 1847 nachweisen können.
Das Video beginnt jedoch mit dem
offiziellen Kriegerdenkmal Stuttgart-Cannstatts
für die Gefallenen des Ersten
Weltkrieges (und später auch
des Zweiten) an einer kleinen Platzanlage
nahe dem 1908 errichteten Wärterhäuschen.
Der Künstler ist der in Cannstatt
geborene Bildhauer Emil Kiemlen (1869-1956;
vgl. Film Nr. 4) und Nr. 19) hier
auf diesem Bad Cannstatt-Vlog), errichtet
wurde das Denkmal von den vereinigten
Bürgervereinen Cannstatts im
Jahr 1924. Das dritte und letzte
besprochene Grabmal ist das des Stuttgart-Cannstatter
Feuerwehrmannes, genauer "Oberfeuermannes" Wilhelm
Uebele (1888-1931; Feuerwache III),
der bei dem berühmten Brand
des Stuttgarter Alten Schlosses am
21. und 22. Dezember 1931 mit anderen
ums Leben kam - danke liebe Frau
Högl für diesen Hinweis
auf das Grab! Ihnen, Ihrem Mann,
Ihrer großen Schwester und
Ihrer "großen" Nichte widme
ich diesen Beitrag von Herzen. Bleiben
Sie gesund und kommen Sie alle vier,
und alle anderen Menschen, die Ihnen
nahe sind, "gut durch"... und später
wieder zu meinen Führungen.
Ich vermisse manche Fans besonders.
Olaf Schulze Historiker und Trauerredner
1. Vors. Pro Alt-Cannstatt e.V.
Vizevorstand der Vereinigung Cannstatter
Vereine u.a.
Liebe Freunde und Freundinnen dieses
Bad Cannstatt-Video-Blog, vielen
Dank, dass Manche von Ihnen mir schon
fünf Wochen die Treue halten
und dass sich die Schar der Followerinnen
und Follower langsam aber stetig
vermehrt. Die 2000er-Marke an Klicks
wurde im Laufe des Samstags erreicht,
jedoch für den Cannstatt- und
den Pforzheim-Blog zusammen. Ich
freue mich über jeden bereits
bekommenen ""Daumen hoch" oder
E-Mail-Nachrichten oder Kommentare
hier. Ich werde auf jeden Fall so
lange weitermachen, wie ich (und
alle meine Kolleginnen und Kollegen
in Stuttgart und Pforzheim) keine öffentlichen
Führungen anbieten darf... auch
für das "Danach" habe ich mir
Gedanken gemacht: Aus täglich
wird dann einmal die Woche und der
Untertitel fällt weg. Manche
Bekannten sagten zu mir, ob ich denn
keine Angst hätte, dass andere
von meiner Vorarbeit "abkupfern"...
nun, ich hoffe, dass diese Kolleginnen
und Kollegen auch hier "kollegial" sind
und meine Leistung zumindest erwähnen.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Nun zum heutigen Film. Er führt
uns erneut an das "Klösterle" (Marktstraße
71/1), 1463 laut Dendrodaten errichtet
- Achtung: am Schluss des Film habe
ich einen Zahlendreher, "1643" statt "1463" -
ich werde den Film trotzdem nicht
noch mal aufnehmen. Irren ist Menschlich,
und es ist ja noch nicht einmal ein
Irrtum, sondern vielleicht nur ein
partieller Schaltfehler im Gehirn
(der sich hoffentlich nicht auswächst.)
Thema ist eine in die Mauer eines
Kelleranbaus ritzte Hochwassermarke
aus dem Jahr 1824 - als es zeitgleich
in ganz Südwestdeutschland zu
einem verheerenden Hochwasser kam
(in Pforzheim stand das Wasser bis
zum Marktplatz). Unter der Jahreszahl
ist ein kleines Boot, ein Nachen,
eingeritzt; wie sie damals benutzt
wurden, um in Hochwasserzeiten, die
im Durchschnitt alle paar Jahre im
19. Jahrhundert vorkamen, zwischen
den Häusern und deren Wohnetagen
im ersten Stock Kontakt halten zu
können. Dazu ist noch ein kleiner
Eisenring in die Wand geschlagen,
an dem man durchaus ein Seil anbinden
kann... aber natürlich auch
Pferde, lebten und arbeiten doch
um 1900 im Klösterle u.a. auch
eine Familie mit Pferdefuhrwerken,
auch der Brunnen am Klösterle
hat einen relativ großen Trog,
so dass er gut als "Pferdetränke" dienen
konnte (vgl. Film über den Jakobsbrunnen,
Nr. 31) auf diesem Bad Cannstatt-Vlog).
Der abschließende Blick an
der beeindruckenden Fachwerkfassade
nach Oben zeigt, dass der "Schwäbische
Mann" (vgl. Film Nr. 24) auf diesem
Bad Cannstatt-Vlog) auch an der Vorderfassade
und am Erker mehrfach vorkommt -
so über die Ecken des Erkers,
der übrigens laut Dendrodaten
15 Jahre jünger ist als das
Hauptgebäude, also aus dem Jahr
1478 stammt.
Alles Gute für
Sie,
Euch alle Ihr / Euer Olaf Schulze
Heute,
liebe Cannstatterinnen und
Cannstatter, liebe Gäste
dieses Vlogs, betrachten wir
die Bronzetüren an der
katholischen Kirche St. Rupert
auf der Steig. Das 1951 in
Stuttgart-Süd gegründete
Architekturbüro Steim & Mühleisen
(heute: Mühleisen & Partner;
www.muehleisen-partner.de)
der Architekten Eberhard Steim
und Albert Mühleisen hatte
die Planung für diesen
durchaus beeindruckenden Kirchenneubau,
der 1962 seiner Bestimmung übergeben
und 1965 zur Pfarrkirche erhoben
wurde. Auch die künstlerische
Ausstattung ist auf der Höhe
der damaligen Zeit, wenn die
Gemeinde zustimmt, werde ich
darüber in den nächsten
Wochen auch ein Video machen
und auf diesem Vlog hochstellen.
Die Farbfenster und der Kreuzweg
stammen von der Stuttgarter
Künstlerin Maina Leonhardt,
das ausgesprochen interessante
Tabernakel von Julius Schramm
aus Ebersbach. Leider konnte
ich so schnell mit meiner gar
nicht so kleinen Bad Cannstatt-Bibliothek
bislang nicht herausfinden,
welche Künstlerin oder
welcher Künstler die Bronzetüren,
es sind drei jeweils zweiflüglige
Türen, geschaffen hat.
Wer einen Hinweis hat oder
es weiß, kann über
einen Kommentar hier meine
Suche bedeutend beschleunigen.
Ich sage hierfür schon
mal danke. Sobald ich hier
weiter bin, werde ich diesen
Text hier entsprechend ergänzen.
Die Kirche ist dieser Tage
tagsüber zum persönlichen
Gebet geöffnet, trotz
oder gerade wegen Corona...
es ist wirklich bei aller Moderne
ein Kirchenraum, der einen
berühren kann und einem
das Gefühl von Geborgenheit
und Getragensein vermittelt,
wenn man(n) oder frau in diesem
Sinne offen ist. Geweiht ist
die Kirche mit dem Gemeindehaus
Rupert Mayer SJ, dem bedeutenden,
1876 in Stuttgart geborenen,
in Bayern wirkenden Jesuiten,
der in der Zeit des Nationalsozialismus
seinem Glauben und seiner Einstellung
treu blieb und über Jahre
von 1940 bis zum Kriegsende
in einem Kloster Ettal interniert
wurde und damit zum Schweigen
gebracht werden sollte. Dennoch
fand er Möglichkeiten,
Botschaften an die Gläubigen
zu übermitteln. Am 1.
November 1945 starb er an den
Folgen eines Schlaganfalls,
der ihn während der Predigt
einer Morgenmesse ereilt hatte.
1987 wurde der Präses
der Marianischen Männerkongregation
selig gesprochen (vgl. u.a.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rupert_...).
Dieser Beitrag ist einem
besonderen Menschen gewidmet,
Schwester Maria Siegistraud,
die von 1968 bis 2017 in St.
Rupert in vielfältiger Weise
wirkte und mit der ich eine
sehr intensives Gespräch über
den Glauben, ihren Weg zum
Dienst und ihre Erfahrungen
in der Gemeinde führen
durfte, ein Gespräch,
dass in mir evangelischen "Wüstgläubigen" einen
tiefen und bleibenden Eindruck
hinterlassen hat. Sie hat lange
Jahre als katholische Religionslehrerin
an der Altenburgschule gearbeitet
und sich den Menschen auf der
Altenburg und dem Hallschlag
auf eine ziemlich direkte und
offene Weise im täglichen
Umgang genähert, die auch
bei Nicht- und Andersgläubigen
Achtung vor dieser im Herzen
frohen Persönlichkeit
(im Sinne der frohen Botschaft
des Evangeliums) hervorrief.
Sr. M. Siegistraud starb am
19. Januar 2020 nach kurzer
Krankheit im Mutterhaus der
Schönstätter Marienschwestern
auf der Liebfrauenhöhe
im Alter von 85 Jahren (vgl. https://st-rupert-badcannstatt.drs.de...).
Heute sind wir an der "Gaststätte
Adler" am Wilhelmaplatz. Viele
Cannstatter wissen nicht, wo der
Wilhelmaplatz ist, dabei ist es
der Platz vor dem ehemaligen Haupteingang
der Wilhelma, der an der unteren
Pragstraße, der alten Landstraße
nach Ludwigsburg lag.
Hier wurden
im Jahr 1909/1910 in einem Zug
auf einem großen Grundstück
drei städtische Wohnhäuser
mit Jugendstilanklängen und
aufwändigen Werksteinfassade
und mit einer Gaststätte und
einer Bäckerei im Erdgeschoss
errichtet. Bemerkenswert sind vor
allem die Fassaden der beiden Häuser
unter Denkmalschutz stehenden Häuser
am Wilhelmaplatz, von denen das
rechte als "Gaststätte Adler" die
alte Tradition des "Adler" aus
dem 19. Jahrhundert wenigstens
zum Teil weiterführte.
Hier
an der Ecke Burgstraße (heute
Duisburger Straße) und Wilhelmaplatz
stand über 100 Jahre der "Gasthof
Adler", der mit seinen Nebenräumen
und einer großen Gartenwirtschaft
hinter dem Haus und mit großen
Stallungen für rund 80 Pferde
zu den frequentiertesten Lokalen
Cannstatts gehörte, viele
Feste und Versammlungen sah. Bauherr
und späterer Besitzer aller
drei Häuser war Friedrich
Mann, der langjährige Gasthofbesitzer.
In der Nr. 6 hatte im Parterre
der Bäcker Hermann Harter
seinen Laden; laut Adressbuch von
1912 lebten in beiden Häusern
jeweils zwei adlige Leutnants (wohl
der 1910 eröffneten Dragonerkaserne
auf dem Hallschlag) und noch einmal
ein bürgerlicher. Dazu ein
Diakon, ein Vikar, eine Buchhändlers
Witwe, ein Ingenieur, ein Schreiner
und ein Feuermann sowie Friedrich
Mann selbst. Interessant ist die
bildliche Ausstattung der Fassaden
mit Bauinschriften, Putten, Weintrauben,
Musikinstrumenten, aber auch mit
einem Kellermeister oder Wirt nebst
Weinkellerschlüsselbund und
Wirtshauskatze über dem Eingang
zum neuen "Alder".
Eine zweite
Zeitebene sind zudem die selbst
nach über 75 Jahren noch weitgehend
erhaltenen Luftschutzmarkierungen
an der Seite der Duisburger Straße,
die im Zweiten Weltkrieg mit fluoreszierender
Farbe aufgemalt wurden. "LSR" hieß zum
Beispiel: Hier befindet sich ein
Luftschutzraum - während des
Angriffs mussten die Türen
immer für Passanten auf sein,
die sie auf die nächsten Schutzräume
aufmerksam gemacht wurden, auf
der anderen Seite bedeutete es
für die Bergungstruppen nach
Angriffen: Bitte graben, falls
das Gebäude darüber zerstört
ist, hier könnten Leute im
Keller noch leben und auf ihre
Rettung hoffen: Auch die nach unten
gerichteten aufgemalten Pfeile
erfüllten diesen Zweck.
In diesem Jahr jährt sich der
Deutsch-Französische Krieg von
1870/71 zum 150. Mal. Dieser Krieg
war für die Gründung des
wilhelminischen Kaiserreichs von
1871 bis 1918 der entscheidende Start.
Deshalb wurde in dieser Epoche ein
großer Verehrungskult mit Krieger-,
Veteranenvereinen, mit Büchern
und zahlreichen, teilweise auch kitschigen
Abbildungen, Stichen, Gemälden
und Feiertagen, wie dem 2. September,
dem "Sedanstag", betrieben. In den
Jahren ab 1871 wurden Straßen
in neuen Stadtvierteln nach Schlachtenorten
oder berühmten Heerführern
genannt, aber auch der "Schmied des
Reichs", der "Eiserne Kanzler", Graf
Otto von Bismarck (1815-1898), der
von Kaiser Wilhelm I. um seiner Verdienste
um die Reichseinheit gefürstet
wurde, erhielt Straßen- und
Platznamen, Denkmäler, Türme...
so gibt es auch in Stuttgart einen
Bismarckturm. Die Cannstatter Bismarckstraße
ist die heutige Wildunger Straße,
in unmittelbarer Nähe des Uffkirchhofs.
Auf diesem steht, unweit der
alten Uffkirche in südwestlicher Richtung
das bis vor kurzem sehr beeindruckend
und irgendwie romantisch mit Efeu
umwachsene Grabmal, das zugleich
ein Kriegerdenkmal ist... leider,
so sage ich, wurde es vor ca. 6 Wochen
einer Radikalkur unterzogen und "entgrünt",
dabei ging auch Substanz verloren,
eine der gusseisernen neogotischen
Pfosten des Zaunes mit seinen Hängeketten
ist seither verschwunden, zwei andere
liegen gekippt im Grabmal. Ich kann
nur hoffen, dass hier nicht noch
schlimmeres passiert, sondern dass,
vielleicht auch im Hinblick auf das
geschichtliche Jubiläum, eine
Sanierung unter Erhalt der Umfriedung
durchgeführt wird. Gerne darf
sich die Friedhofsverwaltung auch
bei Pro Alt-Cannstatt melden, falls
Sie finanzielle Unterstützung
gebrauchen kann. In der 1900 von
C. H. Beck veröffentlichten
Cannstatter Chronik liest man: "Ferner
ist auf dem Uffkirchhof den 6 im
hiesigen Lazareth gestorbenen Soldaten
aus dem deutsch-französischen
Feldzug ein Kriegerdenkmal in gotischem
Stil errichtet worden, dessen Kosten
aus freiwilligen Liebesgaben bestritten
wurden; es steht nahe beim Kirchlein,
in westlicher Richtung von diesem." Im
gleichen Buch sind auch, so für
das Jahr 1870, weitere Hinweise auf
dieses Grabdenkmal zu finden:
"Am
11. August wurde der Beschluß gefaßt,
in Cannstatt ein Lazaret 1) [Anm.
1: Auf dem Seelberg, jetzt Lazaretstraße
Nr. 25 und 27 oberhalb der Lokomotivremise;
OS] für 25 Verwundete zu errichten;
die Ausrüstung, Unterhaltung
und Bedienung wurde aus freiwilligen
Gaben bestritten, beziehungsweise
unentgeltlich geleistet; die Stadt
selbst erklärte sich zu namhaften
Beitragsleistungen bereit. Das Lazaret
wurde auf dem Seelberg in der Nähe
des Krankenhauses eingerichtet. In
den Dienst der Wohlthätigkeit
und Nächstenliebe stellte sich
auch die Kunst, sofern die Vereine
Konzerte veranstalteten mit patriotischem
Programm und die Einnahmen den Unterstützungskomites überließen.
Am 1. September kamen die ersten
Verwundeten, wovon vier schwer verwundet
waren, im hiesigen Lazaret an, wo
sie ausgezeichnete Pflege fanden.
[…] Dienstag 20. September
wurden die beiden ersten im hiesigen
Lazaret verstorbenen Soldaten, ein
Bayer und ein Preuße, auf dem
Uffkirchhof beerdigt. Soldaten trugen
die Särge. An dem Zug nahm eine
Abteilung Infanterie, die gesamte
Feuerwehr und eine endlose Reihe
von Bürgern teil. Die Concordia
sang einen ergreifenden Trauerchor
und Dekan Krauß hielt eine
tiefempfundene Grabrede. […]
Wenige Tage nach den beiden ersten
war der dritte und am 2. Oktober
der vierte der hier im hiesigen Lazaret
ihren Wunden erlegenen Soldaten begraben
worden. Beide hatten das gleiche
ehrenvolle Trauergeleite gefunden
wie ihre vorausgegangenen Kameraden."
Später
wurden dort regelmäßig
die Cannstatter Sedanfeiern abgehalten,
so 1880 (Zitat aus Beck): "Die zehnte
Wiederkehr des Tages von Sedan wurde
am 2. September in besonders festlicher
Weise mit Glockengeläute, Böllerschüssen,
Totenfeier am Kriegerdenkmal auf
dem Uffkirchhof, Vereins- und Schulfeiern
begangen." Und so auch 1895 (dito): " Die
25jährige Gedächtnisfeier
des Sedantages wurde festlich begangen.
Am 1. Sept. war Festgottesdienst,
Totenfeier am Kriegerdenkmal, nachmittags
Festzug auf den Burgholzhof, daselbst
abends Freudenfeuer und bengalische
Beleuchtung. Montag 2. Sept. Schulfeiern,
abends Bankett im Kursaal mit Festrede
von Professor Dr. Rast."
Der heutige Film führt uns
erneut (vgl. Film Nr. 36) Bad Cannstatt,
hier auf diesem Vlog) auf den ältesten
Friedhof Bad Cannstatts (und damit
auch ganz Stuttgarts), den Steigfriedhof
am Sparrhärmlingweg, und zwar
zu einem kleinen, speziellen Feld
mit Kindergräbern an der westlichen
Südmauer des Friedhofs unweit
der Altenburgschule (vgl. Film
Nr. 35) auf dem Bad Cannstatt-Vlog
hier). Dort liegen an vier Grabstellen
mit ihren kleinen Grabsteinen insgesamt
fünf Kinder, die im Zweiten
Weltkrieg auf besonders tragische
Weise ums Leben kamen - sie wurden
bei einer Panik erdrückt,
zu Tode getreten. Dies geschah
in der Nacht vom 15. auf den 16.
März 1944, als bei einem Luftangriff
- vermutlich durch einen querstehenden
Kinderwagen - ein Stau am Stolleneingang
an der Haldenstraße, Brückenstraße,
Altenburger Steige entstand. Und
die von Außen nachdrückenden,
im Stollen Schutz vor den Bomben
suchenden, Frauen, Kinder, Jugendlichen
und alten Menschen in der entstehenden
Panik nicht oder zu spät bemerkten,
dass sie noch hätten einen
Moment warten müssen, bis
das Problem vor ihnen behoben gewesen
wäre. Ich habe in den letzten
Jahren einige Zeitzeugen kennengelernt,
die mir berichteten, dass z.B.
ein Vater seine beiden kleineren
Kinder mit den Armen je eins in
die Luft hob, damit sie nicht erstickten.
Eine Gedenktafel des Vereins Schutzbauten
Stuttgart e.V. wurde 70 Jahre nach
dem Ereignis, 2014 an der Friedhofsmauer
unmittelbar neben den Gräbern
angebracht und zählt alle
23 Opfer der Panik namentlich auf.
Unter den Opfern war ein erwachsener
Mann im Alter von 67/68 Jahren,
die ältesten Frau war 79
oder 80 Jahre alt, die jüngste
47 oder 48. 12 Personen, und damit
etwas mehr als die Hälfte
der Opfer waren Kinder im Alter
zwischen 14 und 1 Jahr, vielleicht
auch nur ein paar Monaten. Das
eindrücklichste Grabmal ist
durch die Porträts der Kinder
das Grabmal für die Zwillinge
Ursula und Waltraud Sauselen, die
am 23. Januar 1941 geboren wurden
und damit gerade mal drei Jahre
alt waren, als ihr junges Leben
endete. Ein Mädchen starb
an den Spätfolgen des Ereignisses
1948 im Alter von etwa 10 Jahre,
d.h. sie wusste vermutlich, warum
sie starb, und konnte sich an ihre
Erlebnisse während der Panik
sicher erinnern, hatte vielleicht
Alpträume in den letzten vier
Jahren ihres Lebens. Auf allen
Gräbern steht vor dem Todesdatum
nicht "gest." für gestorben,
sondern "gef." für gefallen,
also an der "Heimatfront" bei einem "Terrorangriff",
wie es damals in der offiziellen
Sprachregelung hieß, ums
Leben gekommen, so, als ob sie
im Felde den "Heldentod" gestorben
sprich "gefallen" wären. Es
erschein mir unbedingt wichtig,
dass diese 4 Gräber mit der
Gedenktafel auch nach Ablauf der
Ruhefristen erhalten bleiben, erinnern
sie doch exemplarisch an eines
der dunkeltsten Ereignissen der
Cannstatter Stadtgeschichte und
daran dass Kriege immer auch zivile
Opfer fordern.
Olaf Schulze, Historiker & Trauerredner
1. Vors. Pro Alt-Cannstatt e.V.
2. Vorstand Vereinigung Cannstatter
Vereine
Beirat im Gartenbauverein
Bad Cannstatt von 1871
Im Oktober 2020 jährt sich
zum 175. Mal die Geburtsstunde
der legändaren und viel besungenen "Schwäbischen
Eisenbahn", genauer die erste Fahrt
der "K.W.St.E.", der Königlich
Württembergischen Staatseisenbahn,
was die Württemberger bald
als - heute natürlich nicht
mehr politisch korrekt und schon
gar nicht "gegendert" - "Komm Weib,
steig ein!" auflösten und
verballhornten.
Derzeit arbeite
ich zusammen mit Frau Dr. Christiane
Sutter, der Leiterin des Stadtmuseums
Bad Cannstatts, und Matthias Busch,
engagiertem Vorstandsmitglied von
Pro Alt-Cannstatt (und begeisterter
Modellbauer) an einer Ausstellung
zu den Anfängen der Württembergischen
Bahn, deren erster in Funktion
genommener Bahnhof im Herbst 1845
der Bahnhof Cannstatt war. Die
allererste Strecke, noch mit amerikanischer
Lok, "Neckar" getauft, und Holz
befeuert, ging von Cannstatt nach
Untertürkheim, Ende November
dann war das Stück bis Esslingen
a.N. befahrbar. Diesmal fuhren
König Wilhelm I. und sein
Hof persönlich mit dem Zug
und wurden entsprechend "mit großem
Bahnhof" in Esslingen empfangen.
Nach Stuttgart fuhren die Züge
erst ab September 1846, hier war
die Strecke zwar deutlich kürzer,
aber mit topographischen Hindernissen
gespickt. Man brauchte eine Eisenbahnbrücke über
den Neckar und einen Tunnel unter
dem Schloss Rosenstein. Dieser
Tunnel ist noch recht ursprünglich
erhalten und damit ein Dokument
der württembergischen, ja
der deutschen Eisenbahngeschichte.
Herr Busch darf mir Genehmigung
des Landes dort Führungen
zur Tunnelgeschichte anbieten in
Nachfolge von Herrn Hermann Gökeler,
der dies viele Jahre mit großem
Engagement gemacht hat. Das Video
begleitet mich auf einer Fahrt
vom Gleis 2 Bahnhof-Bad Cannstatt,
mit Blick auf die Grabkapelle auf
dem Württemberg, über
die Eisenbahnbrücke von 1911/14
durch den damals neu gebauten,
zweiten Rosenstein-Eisenbahntunnel
bis zum S-Bahnhof tief am Stuttgarter
Hauptbahnhof in Echtzeit. Eine
Fahrzeit von gut 4 Minuten, doch
das wird nicht so bleiben "S21
sei dank", wenn Alles fertig ist
gibt es auf dieser traditionsreichen,
seit 1846 bestehenden Strecke einen
Halt mehr und das kostet mich und
die vielen Tausend Pendler (zu
Nicht-Corona-Zeiten), die über
den Cannstatter Bahnhof nach Stuttgart
hineinkommen, täglich rund
5 Minuten mehr Lebenszeit auf Rädern,
die für die Wirtschaft rollen.
Bei einer 5 Tage-Woche sind dies
schon 25 Minuten, eine knappe halbe
Stunde, gesetzt man arbeite 46
Wochen im Jahr wären das 1150
Minuten, also gerundet 19.2 Stunden
im Jahr, das sind knapp zweieinhalb
Arbeitstage à 8 Stunden.
Ich weiß nicht, ob man jemals
eine Gegenrechnung aufgemacht hat
mit den Reisestatistiken, die es
ja sicher gibt, Zeitgewinn in der
Summe (Fernreisende mal Minuten)
gegen Zeitverlust in der Stumme
(Pendler mal Minuten).. und dann
würde mich interessieren,
wohin die Waagschale sich neigt.
Nun gut, das ist Verkehrs- und
Landes- und auch Kommunalpolitik,
als denkender Bürger, der
man als Historiker ja eigentlich
sein müsste, können einem
solche Fragen kommen. Auf der Strecke
kommentiere ich an ein paar Punkten
in diesem Video historisch. Doch
sehen Sie selbst. Mit besten Grüßen
Olaf Schulze PS: Ich musste am
Drehtag sowieso nach Pforzheim,
hab also kein Geld nur für
den Film ausgegeben... da hat das
Schwäbische schon auf den
Badner abgefärbt.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
Gäste der Stadt und dieses
Vlogs,
heute wenden wir uns einer
der bekanntesten (aber leider auch
am wenigsten ansehnlichen) Mineralwasserquellen,
der Auquelle, die zwischen Neckarstraße
und dem "kanalisierten" Neckar
selbst nahe dem Mühlsteg zu
finden ist. Erstmals wurde die
Quelle bereits 1833 erbohrt, 1981
nach einem Entwurf von Roland Gerlach
neu gefasst. Das Mineralwasser
der Auquelle tritt seit der ersten
Bohrung im frühen 19. Jahrhundert
durch einen natürlichen Überdruck,
den artesischen Druck, oberirdisch
aus. Ihr Ruhewasserdruck geht bis
6,80 Meter über die Geländehöhe.
Ein Teil steigt im nebenan stehenden
gläsernen Turm sichtbar empor.
Nur leider verschmutzt dieser Glasturm
von Innen durch die Ablagerungen
der Quelle und vermutlich auch
Algen sehr schnell und wird ebenso
schnell unansehnlich, wie es das
Video dokumentiert. Dazu treten
die leider üblichen Schmierereien
und auch der gelegentliche Vandalismus.
Unterhalten wird die, bei Radfahrern
und auch bei Anwohnen von nah und
auch fern beliebte "Zapfstelle",
durch die Bäderbetriebe Stuttgart,
Tiefbauamt. Vielleicht könnte
man es hier einmal mit einer Brunnenpatenschaft
versuchen, so wie es Baumpatenschaften
gibt, aber auch Brunnenpatenschaften
wie vom Bürgerverein Bad Cannstatt
für den Junobrunnen in den
Unteren Kursaalanlagen (vgl. hier
Video Nr. 19) im Cannstatt-Vlog).
Die Auquelle gehört zu den
niederkonzentrierten Mineralquellen,
sie ist kein ausgewiesenes Heilwasser
(wie zum Beispiel die beiden Wilhelmsquellen,
die Gottlieb-Daimler-Quelle und
die Hofrat-Seyffer-Quelle und die
Veielbrunnenquelle, sowie die Quellen
im "Berg" und im "Leuze"). Sie
befindet sich am Austrittsort in
40 m Tiefe und damit geologisch
im Oberen Muschelkalk. Sie tritt
mit 17 Grad Celsius heraus und
gehört im Cannstatt-Berger
Quellgebiet zu den kälteren
Quellen. Bei den gelösten
Feststoffen im Wasser hat sie den
niedrigsten Wert überhaupt;
die Gottlieb-Daimler-Quelle zum
Beispiel hat 10mal so viel gelöste
Feststoffe, die Hofrat Seyffer-Quelle
sogar 25mal so viel. In der Zahl
der gelösten Chloride liegt
sie ebenfalls am Niedrigsten bei
50mg pro Liter, knapp gefolgt von
den beiden Kellerbrunnenquellen
mit 55 und 60 mg pro Liter. Die
Gottlieb-Daimler-Quelle ist viel "salziger",
ihr Chloridanteil liegt bei 4715
mg pro Liter (also etwa beim 8fachen).
Zusätzlich ist die Auquelle
auch besonders kohlensäureschwach,
also die am wenigsten "saure" Quelle
der "Sauerwasserstadt" Bad Cannstatt,
hier sind es nur 110 mg pro Liter;
die Gottlieb-Daimler-Quelle hat
einen etwa 4fachen Kohlensäuregehalt,
die beiden Wilhelmsquellen das
13- bzw. 18fache, die "pfupfern" recht.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
alte und neue Freunde dieses Bad
Cannstatt-Video-Blogs,
heute sind
wir bei Wilhelm Bauer, dem langjährigen
Vorstand des Gartenbauvereins Bad
Cannstatt von 1871 e.V. (vgl. Video
Cannstatt Nr. 12), im Vorbereich
der ehemaligen, 2013 geschlossenen
Besenwirtschaft Auf der Steig 33
am Rande des Hallschlags in der
Nähe des Römerkastells
und der Evangelischen Steigkirche
(vgl. Video Cannstatt Nr. 30) und
der katholischen St. Rupertkirche
(vgl. Video Cannstatt Nr. 38).
Wilhelm Bauer erzählt uns
unter anderem die Geschichte vom
halben Ausschankfass vom 1978 gegründeten
Stuttgarter Weindorf, als er damals
mit Otto Mayer zusammen einen gemeinsamen
Ausschank hatte und auf die Idee
kam mit einem geschnitzten Ausschankfass
besondere Aufmerksamkeit auf dem
Weindorf zu erzeugen, was offensichtlich
auch gelang. Nach dem Ende ihrer
aktiven Zeit auf dem Weindorf würfelten
Wilhelm Bauer und Otto Mayer um
die beiden geschnitzten Fasshälften.
Und so ist dieses handgeschnitzte
Fass wohl das einzige Bad Cannstatter
und damit auch Stuttgarter Fass,
das sich an zwei Stellen gleichzeitig
befindet. Und damit wohl eine echte
Sehenswürdig-, zumindest aber
Merkwürdigkeit. Außerdem
berichtet Wilhelm Bauer über
ein Schild, dass er zum Abschied
von seinem Besen von der Cannstatter
Polizei geschenkt bekam... Was
es damit auf sich hat, erfahren
Sie im Video. Gute Unterhaltung
damit... …
wünschen
der waschechte Cannstatter Wilhelm
Bauer und der Neig'schmeckte Badner
mit preußisch-brandenburgischen
und noch ganz anderen Vorfahren
und überzeugter Neubadcannstatter
Olaf Schulze,
ihres Zeichens 1.
Vorstand vom Gartenbauverein Bad
Cannstatt seit 38 Jahren und frisch
vom "Boskop" eingefangenes und
von der diesjährigen Mitgliederversammlung
brav gewähltes neues Beiratsmitglied
(mit dem Spezialauftrag Nr. 1871
zur Vorbereitung des 150. Vereinsjubiläums).
"Machet's
guot!"
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
liebe Freunde dieses Blogs,
der heutige
Film ist schon selbst fast Geschichte,
er entstand am 20. März 2020,
als der Frühling gerade am Anfang
war, die ersten strengeren Corona-Verordnungen
durch die Landesregierung Baden-Württemberg
gerade eine Woche alt, und dieser
Videoblog über Bad Cannstatt
und Pforzheim erst drei Abonnenten
hatte - heute sind es zehn Mal so
viel - hundert Mal wäre mir
noch lieber (kleiner Scherz am Rande,
also, wenn Ihnen diese meine Aktion
hier gefällt, dann empfehlen
Sie mich doch Ihren Bekannten und
Freunden weiter... DANKE)!
Der Weg
geht am Seilerwasen entlang und der
Blick dabei fast die ganze Zeit über
den Neckar auf die Seite der Schiffsanlege
der "Weißen Flotte", des "Neckar
Käpt'ns", die u.a. durch die
S21-Bauarbeiten nahe ihrer Anlege
sehr zu leiden haben und auch schon
ihre Flotte verkleinern mussten,
der Wilhelma und des Wilhelma-Theaters
(vgl. Film Nr. 10) auf diesem Cannstatt-Vlog).
Dieser Teil des Neckars ist mehrfach
stark verändert worden, so schon
zu Anfang des 19. Jahrhunderts, als
das Schloss Rosenstein gebaut wurde,
so in den Jahren 1928-1930, als der
Neckar reguliert wurde, die Berger
Insel verschwand, hohe Ufermauern
und Dämme zum Hochwasserschutz
errichtet wurden, so im Vorfeld der
Bundesgartenschau 1977 in Stuttgart,
als der Seilerwasen neu mit Hügeln überformt
wurde, so in den letzten Jahren im
Rahmen der Baumaßnahmen rund
um Stuttgart 21. Und auch der Seilerwasen,
auf dem Jahrhunderte lang die Cannstatter
Seiler (wie die Familie Wunder aus
der Marktstraße, vgl. Cannstatt-Film
Nr. 11) hier) ihre Werkstätte
im Freien, quasi ihre "Reeperbahn" hatten,
soll wieder flach werden, so heißt
es.
Auf dem Uffkirchhof befinden sich
eine ganze Reihe von Gräbern
bekannter Persönlichkeiten,
bekannt sogar über die Grenzen
von Bad Cannstatt und Stuttgart
hinaus. Zu ihnen zählt der
zu seiner Zeit äußerst
populäre Volksschauspieler
Oscar Heiler (1906-1995), dessen
mittlerweile aufgelassenes Grab
von der Stadt Stuttgart weiterhin
erhalten wird. Und das ist auch
gut so. Oscar Heiler, der am Ende
seines Lebens in zahlreichen Fernsehserien
des SWR im Einsatz war, gelegentlich
auch in Krimis (Tatort Stuttgart)
mitspielte, hatte eine interessante
Künstlerkarriere und sein
größter Erfolg war ein
Erfolg mit einem Duo, das quasi
zu einem Klassiker schwäbischen
Humors wurde, zunächst auf
der Bühne und auch "am Radio" und
schließlich auch im damals
noch jungen Medium Fernsehen. Die
Häberle und Pfleiderer-Sketche
und Szenen in Schwarz-Weiß sind
legendär (z.B. "Friedenskonferenz" und "Postamt"),
und auch hier auf YouTube zu finden
(zumindest die Tonspuren). Oscar
Heiler war gebürtiger Stuttgarter
(Gablenberger?) und machte 1925
am Karls-Gymnasium in Stuttgart
1925 Abitur. Nach einer Buchhänderlehre
begann er 1928 am Stuttgarter Schauspielhaus
sein eigentliches Berufsleben,
seine Berufung. Er wurde Schauspieler.
Doch den jungen Schauspieler stellte
das Schicksal ein Bein, während
einer Bühnenprobe 1930 brach
sich Oscar Heiler das rechte Bein,
und zwar ohne äußerliche
Einwirkung. Doch in jedem Unglück
ist ein Glück, wie es im Volksmund
heißt: Die Ärzte stellten
einen bereits fortgeschrittenen
Knochentumor bei dem gerade mal
25jährigen fest, der die Ursache
für den Beinbruch war. Das
Bein wurde amputiert und damit
der Krebs gestoppt. Fortan trug
Oscar Heiler eine Prothese, sein
humpelnder, steifer Gang wurde
zu einem Markenzeichen des Schauspielers.
1930, im gleichen Jahr, begann
die regelmäßige Zusammenarbeit
mit dem 9 Jahre älteren Willy
Reichert (1896-1973) als "Häberle
und Pfleiderer" auf der Bühne
des Stuttgarter Friedrichsbau-Varietés.
Oscae Heiler wohnte zunächst
in Stuttgart-Gablenberg in der
Klingenstraße 88 im ersten
Stock in einer Vier-Zimmer-Wohnung,
allerdings nur in einem kleineren
Zimmer, da sich damals in der Wohnung
eine Zahnarztpraxis befand. Später
zog Heiler in die Bergstraße
(Nr. 86), eine Parallelstraße,
und blieb dort zeit seines Lebens
wohnen. Seine Ehe mit der drei
Jahre älteren Lydia Jahn hielt
bis zu deren Tod 1983. Das Grab
auf dem Uffkirchhof ließ er
nach dem Tod seiner Mutter 1960
anlegen, und es hat auch ganz die
Anmutung dieser Zeit, in Schriftgestaltung
und Form. Auch an seinen früh
verstorbenen Vater erinnerte er
durch eine Inschrift. 1994 wurde
eine Bronzegruppe für "Häberle
und Pfleiderer" vor dem damaligen "Friedrichsbau" aufgestellt.
In Stuttgart-Süd ist eine
Staffel zur Karlshöhe nach
ihm benannt, dort gibt es übrigens
auch eine Willy Reichert-Staffel.
Oscar Heiler wurde zweimal mit
dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet,
1972 "am Bande" und 1987 "erster
Klasse".
Willy Reichert wurde nicht
in Stuttgart bestattet. Sein Grab
liegt auf dem alten Gemeindefriedhof
in Grassau (Landkreis Traunstein).
Der heutige Film führt uns
wieder auf den Uffkirchhof… nicht
allzu weit vom Grab von Oscar Heiler
(Cannstatt Video Nr. 46) auf diesem
Vlog) entdeckt der Besucher dieses
alten Friedhofs mit dem Drei-Kirchen-Blick
(die Uffkirche von um 1500, die
ev. Lutherkirche von 1899/1900
und die katholische Liebfrauenkirche
von 1909) inmitten der Stadt ein
Grabmal mit einem steinernen weiblichen
Engel, der recht keck die Beine übereinander
geschlagen hat und beide Hände über
dem Knie des linken Beines verschränkt.
Das auffällige Grabmal der
Familien Hermann, Berner und Leibbrand
wurde im Jahre 1914 errichtet für
Luise Berner, geb. Hermann (1883-1914),
die damals als junge Frau mit rund
31 Jahren verstarb. Während
im Badischen auf Grabmälern
von bürgerlichen Familien
der Zeit um 1900 relativ häufig
Engel als schmückendes Symbol
gewählt wurden, ist dies auf
württembergischen Friedhöfen
eher selten, was mit dem in Württemberg
immer stärker verbreiteten
Pietismus (und dessen Grabbilderfeindlichkeit)
zusammenhängen mag. Dieser
weibliche Jugendstil-Engel, der
am Grab Rast macht und über
die Verstorbenen wacht, ist auf
dem Uffkirchhof nur genau einmal
zu finden.
Liebe Cannstatterinnen und Cannstatter,
Freunde dieses Bad Cannstatt-Video-Blogs,
unser virtueller 1. Mai-Ausflug führt
uns von der Lammgasse (benannt nach
dem ehem. Gasthaus zum Lamm) in die
Helfergasse. Dort an der Kita, dem
Städtischen Kindertagheim, erklärt
uns der Ehrenvorsitzende des Vereins
Pro Alt-Cannstatt, Hans Betsch (siehe
auch Video Nr. 31) auf diesem Cannstatt-Vlog),
noch längeres Felbenmitglied
im Cannstatter Brauchtumsverein "Kübelesmarkt" und
langjähriger "Geizig" in der
Fasnet die Geschichte eines auf Initiative
von Albert Ruoff von Pro Alt-Cannstatt
entstandenen großformatigen
Wandbilds der Künstlerin Hatty
Riehl (Hans, stimmt der Name so?
Ansonsten bitte durch E-Mail an mich
korrigieren, danke.), das schon seit
einer ganzen Reihe von Jahren unter
einer isolierenden Wandverkleidung
verschwunden und nicht mehr zu sehen
ist. Dargestellt war, wie Hans Betsch
anhand von historischen Fotografien
erzählt, eine Gruppe von zentralen
Figuren der Bad Cannstatter Fasnet,
die der 1924 gegründete Verein
Kübelesmarkt, nach dem Ende
des Zweiten Weltkriegs bis in die
1960er Jahre hinein entwickelte.
Zu sehen war neben dem Narrenbaum,
der alljährlich zur heißen
Fasnetszeit vor dem Alten Rathaus
in der Marktstraße aufgestellt
wird, das "Geizigrufen" mit dem "Geizig",
der in einem biedermeierlichen Frack
mit einem Zylinder angetan seit 1961
am Fasnetsdienstag mit Schulkindern
im Gefolge durch die Marktstraße
von Geschäft läuft und
vor dem jeweiligen Geschäft
laut (teilweise mit Megaphon) und
kräftig unterstützt von
den Kindern ruft: "Geizig, geizig,
ist der [hier den Namen eines beliebigen
Geschäfts, zum Beispiel "Schuh
Strohm", einfügen], und wenn
er net so geizig wär, dann gäb
er uns die Bonbons her!", nach erfolgter
Gutseles-Bewerfung aus Fenstern und
Türen, folgt noch als kleines
Dankeschön der Cannstatter Felbenspruch: "Cannstatt,
Kübler, Felbaköpf - Mucker
send doch arme Tröpf - Narri,
Narro, Ahoi!", und dann geht's weiter
zum Nächsten. Etwas Besonderes
ist, dass der "Geizig" mit seinem
Gefolge jedes Jahr zur Helene-Schöttle-Schule
kommt, um den Kindern, die aufgrund
ihrer Einschränkungen nicht
selbst zu diesem Heischebrauch in
die Marktstraße kommen können,
eine gottselige Fasnet zu bringen
und mit dem "Geizig rufen" eine Freude
zu machen. Jedes Jahr ist dies ein
besonders freudiges Ereignis in der
Helene-Schöttle-Schule (Kolpingstr.
88), an das sich auch Hans Betsch
gerne erinnert und von dem er voll
Begeisterung erzählt. Vielleicht
könnte man, mit Unterstützung
des Vereins Pro Alt-Cannstatt, ein
Banner mit dem Wandbild bedrucken
und mit einer Erläuterung versehen
wieder an der Kindertagesstättenwand
anbringen. Dies könnte ein Beitrag
zum 100. Jubiläum des Kübelesmarkts
sein, das ja in vier Jahren ansteht.
Liebe Freundinnen und Freunde des Bad
Cannstatt- und des Pforzheim-Video-Blogs,
gestern wurde der 3000. Klick auf beiden
Seiten zusammen erreicht, ich freue
mich darüber! Vielen Dank für
Ihre bisherige Treue und bitte empfehlen
Sie mich weiter an Freunde und Bekannte,
von denen Sie denken, es könnte
sie auch interessieren, wie "der
Herr Schulze" Führungen macht.
Das heutige Video führt uns wieder
auf den Uffkirchhof (Siehe Filme Nr.
27), 40), 46) und 47) auf diesem Vlog).
Diesmal betrachten wir vier Gräber,
die alle an der westlichen Außenmauer
(Richtung Waiblinger Straße)
zu finden sind. Die Führung startet
mit dem Grab für den Mitte des
20. Jahrhunderts bekannten Rennfahrer
Hermann Lang (1909-1987), einem gebürtigen
Cannstatter, der auch hier verstarb.
Seine Karriere begann nach einer Mechanikerlehre
1927 als Motorradrennfahrer. Er wurde
1931 deutscher Bergmeister für
Seitenwagenmaschinen. Ab 1933 arbeitete
Lang als Mechaniker in der Rennabteilung
von Mercedes. Bei einer Testfahrt in
Monza im Frühjahr 1935 fiel der
Nachwuchsfahrer dem Rennleiter Alfred
Neubauer durch seinen Start und seine
Kurventechnik auf. Seine erste Platzierung
auf dem Nürburgring beim Eifelrennen
folgte im gleichen Sommer, fünfter
Platz. Zweieinhalb Monate später
wurde er Sechster beim Großen
Preis der Schweiz. Beim Großen
Preis von Deutschland 1936 auf dem
Nürburgring brach er sich einen
Finger und fuhr trotzdem noch acht
Runden weiter, was ihm große
Sympathien, vor allem beim Publikum
brachte. Er liebte Hochgeschwindigkeitsstrecken,
er gewann Rennen in Libyen und das
AVUS-Rennen 1937 in Berlin. Sein erfolgreichstes
Jahr absolvierte Hermann Lang 1939,
bei dem er vier Große Preise
(Pau, Tripolis, Belgien und Schweiz)
gewann, sowie das Eifelrennen auf dem
Nürburgring, das Bergrennen am
Freiburger Schauinsland und das Wiener
Höhenstraßenrennen. 1943
erschien im Verlag Knorr & Hirth
in München sein Buch "Vom Rennmonteur
zum Europameister", die Europameisterschaft
1939 wird ihm zu recht nicht anerkannt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er
ab 1951 weitere Erfolge bei Rennen
in Buenos Aires; er gewann 1952 erneut
das Eifelrennen und zusammen mit Fritz
Riess die 24 Stunden von Le Mans. Er
war auch beim Einstieg von Mercedes
in die Formel 1 1954 maßgeblich
beteiligt. Nachdem Hermann Lang 1954
beim Großen Preis von Deutschland,
an dritter Stelle liegend, von der
Strecke gerutscht war, zog er sich
aus dem Rennsport zurück, blieb
aber weiter für Mercedes tätig.
Das Grabmal zeigt das Relief eines
Rennsportwagens aus den 1930er Jahren.
Gleich links daneben ist das Familiengrab
des ehemaligen Cannstatter Oberamtsrichters
Wilhelm Ganzhorn (1818-1880); der gebürtige
Böblinger war ein erfolgreicher
Jurist und zunächst Gerichtsaktuar
in Neuenbürg, sowie später
Oberamtsrichter in Aalen, Neckarsulm
und zuletzt in Cannstatt, wo er in
der Wilhelmstraße 10 bis zu seinem
Tode lebte und arbeitete. Es geht die
Geschichte, dass er nur die Größe
des Weinkellers zu sehen verlangte,
bevor er sich entschloss in die Dienstwohnung
im Oberamtsgerichtsgebäudes zu
ziehen. Bekannt ist er vor allem als
Autor des Textes für das Volkslied "Im
schönsten Wiesengrunde", das ursprünglich "Das
stille Tal" hieß und seiner deutlich
jüngeren, späteren Frau Luise
Alber (1837-1909) gewidmet war, Tochter
des Rössle-Wirts aus dem Nordschwarzwald-Dorf
Conweiler, in der Nähe der Amtsstadt
Neuenbürg an der Enz. Ganzhorn
pflegte viele Freundschaften, darunter
auch die mit dem deutschlandweit bekannten
Dichter Ferdinand Freiligrath (1810-1876),
der auch auf dem Uffkirchhof bestattet
ist (an der östlichen Mauer).
Das Grab von Luise Ganzhorn und anderer
Familienangehöriger befand sich
bis etwa 2000 an einer anderen Stelle
im Uffkirchhof. Bei der endgültigen
Auflösung des Grabes durch die
Nachfahren, von denen sich einige intensiv
um die Erhaltung des historischen Erbes
ihres bekannten Vorfahren bemühen,
wurde die Grabplatte auf das Grab von
Wilhelm Ganzhorn versetzt. Der schwarze
Marmorobelisk links daneben gehört
zum Familiengrab der Familie Wunder,
die seit der Zeit um 1700 in Cannstatt
als Seiler auf dem Seilerwasen wirkten
und deren Nachfahren noch heute in
einem Haus in der Marktstraße
(siehe Video Nr. 11) im Cannstatt-Vlog)
leben. Ein Freund von Ganzhorn war
auch der württembergische Offizier,
Militärschriftsteller und Übersetzer
Adolf Seubert (1819-1880), der aufgrund
seiner Verdienste im preußisch-österreichischen
("deutsch-deutschen") Krieg von 1866
durch die Verleihung des Ritterkreuzes
des Ordens der Württembergischen
Krone in den persönlichen Adelsstand
erhoben wurde. Als Kommandant (Beförderung
zum Oberst) des 6. Infanterieregiments
1870/71 ein Detachement, dass den Schwarzwald
zu decken und ein französisches
Korps durch psychologische Abschreckung
zu binden hatte. Nach der Quittierung
des Militärdienstes 1873 widmete
er sich ausschließlich dem Schreiben
und Übersetzungen (für Reclams
Universal-Bibliothek). Die Seubertstraße
in Bad Cannstatt ist nach Ihm benannt.
weiter
zu Nr.50 - Nr.99
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