Helmut Doka, der frühere SPD-Stadtrat, bringt es auf den Punkt: „Als die Pläne für das neue Stadtmuseum im Wilhelmspalais publik wurden, waren die Vorbehalte und die Animositäten in den Stadtbezirken groß: Viele, die sich dort seit Jahren ehrenamtlich mit der Ortsgeschichte beschäftigen, befürchteten einen Stuttgarter Zentralismus." Deshalb, so betont der pensionierte Studienrat, habe man vor sechs Jahren die etablierte Interessensgemeinschaft Stadtgeschichte erweitert um eine Arge Netzwerk. Ihr Ziel: „Wir wollten diese Ehrenamtlichen stärken, ihre Basis verbreitern und sie einbeziehen in die Vorarbeiten für das künftige Stadtmuseum." Dieses Netzwerk, so Doka, solle „eine Plattform sein für die Eigenbrötler", so Doka. Wolfgang Müller, der stellvertretende Vorsitzende des Verschönerungsvereins und wie Doka ein führendes Mitglied der IG Stadtgeschichte, erinnert sich: „Gerade aus Bad Cannstatt, wo man mit viel Selbstbewusst-sein an der Ortsgeschichte forscht, waren die Vorbehalte damals groß."
Inzwischen habe man die anfängliche Skepsis überwunden, arbeite eng zusammen, vor allem mit dem Planungsstab der Stadt für das geplante Stadtmuseum im Wilhelmspalais. Selbstkritisch fügt Wolfgang Müller jedoch hinzu: „Die Aktivitäten in Sachen Stadtgeschichte sind, je nach Stadtbezirk, sehr unterschiedlich." Er wünsche sich, „dass vor allem möglichst viele junge Leute zu uns stoßen, die sich für die Ortsgeschichte interessieren". Denn nur so habe die ehrenamtliche Arbeit auch eine Zukunft.
Ein schon traditioneller Anlauf, um neue Mitglieder zu gewinnen, ist alle Jahre wieder der Tag der Stadtgeschichte. Seine sechste Auflage, die morgen stattfindet, ist dem neuen Stadtarchiv am Bellingweg in Bad Cannstatt gewidmet. Helmut Doka sagt: „Wir wollen mit dazu beitragen, dass das Archiv nach seinem Umzug aus der Silberburgstraße nach Bad Cannstatt noch bekannter wird. Deshalb bietet sich allen Neugierigen und Interessierten morgen Nachmittag die Gelegenheit, den Bau und seine vielfältigen Angebote näher kennenzulernen." Zugleich würden sich dort auch die ehrenamtlichen Stadtgeschichtier aus den Bezirken, zehn bis fünfzehn verschiedene Vereine und Gruppen, präsentieren - das wird der Höhepunkt im Jahreslauf der IG Stadtgeschichte.
Insgesamt bilden nach Dokas Angaben rund 250 Ehrenamtliche die Basis der IG Stadtgeschichte. Sie alle fieberten dem neuen Stadtmuseum im Wilhelmspalais entgegen, das 2016 eingeweiht werden solle. Wolfgang Müller sagt: „In diesem Stadtmuseum kann die Historie aller Bezirke, von denen viele ja lange Zeit selbstständige Gemeinden waren, nicht vollständig dargestellt werden - aber ohne seine 23 Bezirke wäre ja Stuttgart nicht geworden, was es heute ist." Er sei „sehr zuversichtlich, dass die Geschichte der Bezirke in der Konzeption für das Museum ihren angemessenen Platz findet."
Die seit Jahren laufenden Vorarbeiten für das Stadtmuseum im Wilhelmspalais sind für Helmut Doka eine Chance, das Geschichtsbewusstsein ganz allgemein zu stärken und die ehrenamtliche Basis zu verbreitern. „Wir wünschen uns, dass wir -unterstützt vom Planungsstab des Kulturamtes - in Zukunft noch mehr Veranstaltungen und Seminare zur Stadtgeschichte anbieten können", so Doka. Deshalb unterstütze man die Anträge von CDU und SPD zum neuen Doppelhaushalt, eine neue Planstelle für den Museumspädagogischen Dienst im neuen „Stadtlabor für Kinder" an der Kriegsbergstraße zu schaffen.
Sorgen macht sich Wolfgang Müller unterdessen um das Wilhelmspalais: „Wie ich höre, hat der Denkmalschutz einige Vorbehalte gegen die notwendigen Prüfungen der alten Bausubstanz." Er hoffe jedoch, dass sich alle diese Probleme in nächster Zeit lösen ließen.